In der Diskussion: Hetzschrift "Mein Kampf" im Unterricht verwenden
Bayerische Politiker diskutieren, ob Hitlers „Mein Kampf“ als Lehrmittel für den Unterricht taugt. Die Landeszentrale für politische Bildung entwickelt eine spezielle Broschüre.
Mit dem Nationalsozialismus setzen sich Bayerns Schüler im Unterricht längst auseinander. Auch Passagen aus Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“ sind entsprechend aufbereitet seit Jahrzehnten Teil der Schulbücher – genau wie andere Schriften aus der NS-Zeit, etwa Goebbels Rede mit der diabolischen Frage nach dem „totalen Krieg“. Doch seit das Münchner Institut für Zeitgeschichte Anfang Januar die historisch-kritische Edition der Schandschrift veröffentlicht hat, diskutiert die Politik über die Frage, ob und wie das Buch im Unterricht verwendet werden soll.
Grünen-Politiker Thomas Gehring aus Kempten äußerte gestern im Bildungsausschuss eine klare Meinung: „Man darf sich an den Schulen nicht der Auseinandersetzung mit diesem Buch entziehen.“ Die Schüler könnten lernen, „dass man Politik von rechts außen immer auch an ihren Worten messen muss, weil aus Worten Taten werden können“, sagte Gehring. Das sei in Zeiten wie diesen besonders wichtig. Der Würzburger SPD-Abgeordnete Georg Rosenthal sieht das genauso. Notwendig sei aber „eine vereinfachte Handreichung für Schulen“.
Die Landeszentrale für politische Bildung arbeitet an einer solchen Broschüre. Im September soll sie fertig sein. Monika Franz, die für die Publikationen der Landeszentrale zuständig ist, erklärt den Aufbau: Die Lehrer erfahren zunächst alles Wichtige zur kritischen Edition und zur Geschichte des Buches. Außerdem werde gezeigt, welche Rolle „Mein Kampf“ in der kollektiven Erinnerung an die NS-Zeit einnimmt. „In einem weiteren Kapitel geben wir den Lehrern ausgewählte Seiten an die Hand und erklären, wie sie damit umgehen können.“
Abgeschlossen sei das Konzept noch nicht. Im April finde an der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen eine Tagung statt, bei der Lehrer ihre Fragen und Anregungen einbringen können. Von Überlegungen, das Buch als Ganzes im Unterricht zu besprechen, hält Monika Franz gar nichts. „Im neuen Lehrplan fürs Gymnasium ist nur Goethes ,Faust‘ als Pflichtlektüre vorgesehen“, sagt die frühere Geschichtslehrerin. „Stellen Sie sich vor, daneben stünde Hitlers ,Mein Kampf‘ – das wäre grotesk.“
Bis die Handreichung da ist, hat Franz einen Rat: Man solle den Lehrern einfach vertrauen. Sie seien „sehr versiert“ im Umgang mit Quellen aus dem Nationalsozialismus: „Das Thema ist ja nicht plötzlich neu in der Welt.“
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