Misstöne im Schloss Neuschwanstein
Hinter den Kulissen von Neuschwanstein toben seit einem Jahr Grabenkämpfe. Jetzt wurde die Führungsriege neu besetzt. Aber Frieden scheint immer noch nicht eingekehrt zu sein.
„Gardino d’Amore“ – der Garten der Liebe des italienischen Barockkomponisten Alessandro Scarlatti bescherte jüngst 800 Besuchern der Schlosskonzerte Neuschwanstein Musikgenuss auf höchstem Niveau. Doch jenseits der exklusiven Musikreihe im historischen Sängersaal hallen noch immer Misstöne durch Ludwigs märchenhafte Trutzburg im südlichen Ostallgäu.
Grabenkämpfe unter den rund 30 Mitarbeitern
Rund ein Jahr ist es her, dass das Schloss wegen nicht abgeführter Führungserlöse sowie andauernder Grabenkämpfe unter den rund 30 Mitarbeitern in seinen Grundfesten erbebte. Altgediente Kräfte, die auf dem Schloss so manches Privileg genossen, trotzten dem Lager des damals neu berufenen Verwalters Hubert Nikol, der penibel auf die Einhaltung aller Vorschriften pochte.
Diese Verwerfungen sind nach wie vor nicht ganz beseitigt. Das ist unter der Hand von Beschäftigten zu hören, die täglich im Schloss ein- und ausgehen. Anders stuft Dr. Thomas Rainer von der Bayerischen Schlösserverwaltung in München die Situation ein: „Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg.“
Rückblende: Im Sommer 2012 laufen straf- und disziplinarrechtliche Ermittlungen gegen drei führende Mitarbeiter des Königsschlosses an. Ihnen wird vorgeworfen, über mehrere Jahre Einnahmen aus Sonderführungen an der Buchhaltung vorbei in eine schwarze Kasse gelotst zu haben, aus der unter anderem Mitarbeiterfeste im Schloss finanziert wurden.
Ermittlungen gegen drei führende Mitarbeiter des Königsschlosses
Auch von inoffiziellen TV-Drehgenehmigungen gegen bare Münze ist die Rede. Der Gesamtschaden bewegt sich nach Schätzungen im unteren fünfstelligen Bereich. Ein Schlussstrich ist noch immer nicht in Sicht. Denn zwei Betroffene haben Einspruch gegen den inzwischen erlassenen Strafbefehl eingelegt. Juristisch klären wird das Amtsgericht Kaufbeuren den markanten Fall wegen eines Richterwechsels wohl erst Anfang 2014.
Die Führungsriege des Touristenmagneten wurde in den vergangenen Monaten völlig neu besetzt. Die bisherige Innendienstleiterin Katharina Schmidt wurde im August ohne großes Aufheben zur Nachfolgerin von Schlossverwalter Nikol berufen. „Sie macht ihre Aufgabe wunderbar und bringt viel Ruhe ins Schloss“, lobt Thomas Rainer von der Bayerischen Schlösserverwaltung. „Das hilft, Gräben zu schließen“, so Rainer. Und weiter: „Das Klima unter allen Beschäftigten hat sich deutlich verbessert.“
Das will im Schloss niemand bestreiten. Tatsache ist aber auch, dass zwei Kastellane, die im Mai ihren Dienst antraten, bereits Ende August die Brocken hingeworfen haben. Rainer von der Schlösserverwaltung bestätigt das, Hintergründe zu diesen Personalien aber nennt er nicht. Nur soviel: Man werde die offenen Positionen nachbesetzen. „Der Besucherbetrieb wird dadurch aber in keinster Weise beeinträchtigt.“
Konzerte zählen zur „kulturellen Champions League“
Fast schon harmlos wirken da die Reibungspunkte, die vor kurzem bei den Schlosskonzerten zutage traten. Bei der Konzertreihe, die Gemeinde und Landkreis seit über 40 Jahren als „kulturelle Champions League“ in Bayern einstufen, fühlten sich die Organisatoren von der Schlösserverwaltung mehrfach ausgebremst – etwa bei der Schlosszufahrt oder der Bewirtung. Die Behörde argumentiert mit Sicherheitsvorschriften: „Das ist keine Schikane“, betont Rainer.
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