Rückenschmerzen von der Wiesn: Ärzten wird Panikmache vorgeworfen
Orthopäden aus dem Münchner Raum haben während des Oktoberfests mehr Patienten in ihren Praxen als sonst. Die Schausteller hingegen werfen den Ärzten Panikmache vor.
Auf dem Münchner Oktoberfest reiht sich ein Fahrgeschäft an das andere: Karussells, Achterbahnen, Autoscooter. Es bieten sich viele Gelegenheiten für die Besucher, wild durch die Luft geschleudert zu werden und dabei Spaß zu haben. Doch die Fahrgeschäfte sind nicht ungefährlich für den Rücken und die Wirbelsäule. Die Gefahr werde oft unterschätzt, sagte der Münchner Orthopäde Reinhold Schneiderhan vom Verein Wirbelsäulenliga bei einem Rundgang über die Wiesn.
Leichte Verspannungen bis Bandscheibenvorfall
Orthopäden aus dem Münchner Raum haben während des Oktoberfests mehr Patienten in ihren Praxen als sonst. Die Zahl der Patienten mit akuten Rückenschmerzen nehme in dieser Zeit regelmäßig um bis zu 20 Prozent zu, berichtete Schneiderhan. Die Beschwerden reichten von leichten Verspannungen und Prellungen bis zu Bandscheibenvorfällen. Besonders gefährdet ist Schneiderhan zufolge die Halswirbelsäule. Abruptes Beschleunigen, Drehungen und Richtungswechsel seien extrem belastend.
"Körper wird ruckartig vor- und zurückgeschleudert"
"Bei den Beschleunigungen wird der Körper ruckartig vor- und zurückgeschleudert", sagt Karin Bauer, leitende Ärztin für Unfallchirurgie an der Unfallklinik Murnau (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) und Spezialistin für Halswirbelsäulenverletzungen. "Das ist ein Druck wie bei einem leichten Auffahrunfall."
Risikofaktoren bei Fahrgeschäften auf dem Oktoberfest
Risikofaktoren gibt es viele bei den Fahrgeschäften: Fehlende Kopfstützen, ruckartige Bewegungen, plötzliche Richtungsänderungen. Allerdings sieht Schneiderhan auf der Wiesn keine grundsätzliche Gesundheitsgefahr. Gefährdet seien in erster Linie Menschen, die vorbelastet sind. "Wer bereits unter Rückenschmerzen oder Bandscheibenbeschwerden leidet, sollte lieber auf die Fahrt verzichten", warnte Schneiderhan.
Durch eigenes Ausprobieren und Patientenbefragungen stellte der Orthopäde ein Gefahrenranking auf. Die Höchstpunktzahl 10 erhielt der sogenannte Skater, bei dem die Gondeln mit hoher Geschwindigkeit um den Drehkörper kreisen und oft abrupt die Richtung gewechselt wird. Der Betreiber weist selbst mit Schildern auf die mögliche Gesundheitsgefährdung hin. Sechs weitere Attraktionen schneiden in dem Ranking mit dem Risikofaktor 5 oder höher ab.
Manfred Zehle vom bayerischen Schaustellerverband hält die Vorwürfe der Mediziner für unberechtigt. "Diese Ärzte wollen sich nur profilieren", sagte Zehle. Er habe in knapp 30 Jahren als Schausteller nie gehört, dass ein Besucher nach der Fahrt über Rückenprobleme klagte. Auch der Orthopäde stellte klar: "Wir wollen die Fahrgeschäfte nicht verteufeln. Wer keine Rückenprobleme hat und sich nicht selbst in Gefahr bringt, kann ruhig jedes Fahrgeschäft nutzen." dpa/AZ
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