Pech und Schwefel sind ihr größtes Glück
Jennifer Kobarschik (17) ist Kaminkehrerin. Dabei bekommt sie in und auf den Häusern ihrer Kunden viel zu sehen
Wenn Jennifer Kobarschik am Wochenende von Hofhegnenberg abends in die Stadt ausgeht, dann strahlen ihre Haare so blond wie die Sonne. Dann hängt kein Stäubchen schwarzer Ruß mehr darin, dann würde ihr niemand glauben, dass sie unter der Woche eine Glücksbringerin ist.
Jennifer ist seit September Kaminkehrerin und fühlt sich rundum wohl in ihrem neuen Beruf. Dass sie als junge Frau in einer Männerwelt ziemlich allein da steht, stört die 17-Jährige wenig. Zu viele spannende Seiten hat ihr Handwerk, findet sie. Zum Beispiel: „Den Leuten Glück zu bringen“, sagt sie.
Von einem der Dächer, auf die sie jeden Tag steigt, fiel sie jedoch auch schon wieder herab. „Aber ich hatte Glück“, sagt sie. „Ich landete in einer durchnässten Wiese und es waren auch nur drei Meter.“ Eine von zwei Feuerproben hat sie damit in ihrer Ausbildung überstanden. Denn eine Kaminkehrerweisheit besagt: „Der Lehrling fällt zweimal – aber öfter fällt er nicht.“ Jennifer hofft, dass sie sich nicht immer bewahrheitet.
So richtig wahr sein kann es manchmal auch nicht, was sie in den Wohnzimmern ihrer Kunden zu sehen bekommt, sagt sie. Von Messiehaushalten bis Luxusvillen hat sie in dem Bezirk, den ihr Meister betreut, schon fast alles erlebt. „Aber ich sehe mir das gerne an“, sagt sie. „Man kann sich viel abschauen und sich Anregungen für die eigene Wohnung holen – oder sehen, was wirklich furchtbar aussieht.“
Ein Leben lang will sie aber nicht auf dem Dach stehen, lieber möchte sie irgendwann im Büro eines Meisters mithelfen. Auch, weil sich der Ruß über die Jahre in den Ritzen der Hornhaut und unter den Nägeln immer hartnäckiger festsetzt.
Davon aber wird niemand etwas sehen, wenn Jennifer heute Abend ihre engelsblonden Haare bindet und wie die Sonne strahlen wird. Dann wird niemand sehen, dass neben ihm eine Glücksbringerin steht.
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