Radler im toten Winkel: So lassen sich Unfälle verhindern
Zehn Mal am Tag kracht es im Schnitt in Deutschland zwischen Fahrradfahrern und Lastwagen. Das ließe sich nach Meinung von Experten aber vermeiden.
Es sind erschreckende Zahlen: Im Schnitt kracht es in Deutschland zehn Mal am Tag zwischen Lastwagen und Fahrradfahrern, wie die Unfallforschung der Versicherer (UDV) errechnet hat. Am häufigsten kommt es demnach an Kreuzungen mit Ampeln zu Zwischenfällen, während der Radfahrer „Grün“ hat.
Die Geschwindigkeit der Radfahrer lag in der Regel bei unter 15 Stundenkilometern, erläutert Siegfried Brockmann, Leiter der UDV. Die Radler hätten also bei frühzeitiger Reaktion oft noch stoppen und die Gefahrenzone verlassen können. Wie aus der UDV-Untersuchung weiter hervorgeht, fanden fast alle dieser Zusammenstöße bei Tag und trockener Witterung statt.
Radlern kann der tote Winkel zum Verhängnis werden
Bei tödlichen Radler-Unfällen ist fast jedes zweite Opfer älter als 65 Jahre. Brockmann fordert Rad fahrende Senioren deshalb auf, an Fahrsicherheitstrainings teilzunehmen, die zum Beispiel die Verkehrswachten anbieten. Gleichzeitig sollten die Trainingsprogramme seiner Meinung nach so optimiert werden, dass in engen Situationen richtig reagiert wird.
Geradezu klassische Unfallopfer über alle Altersgruppen hinweg sind nach seinen Worten „Umwegvermeider“, die sich aus Bequemlichkeit über Verkehrsregeln hinwegsetzten. Das Fehlverhalten sei meist gepaart mit der Einstellung, grundsätzlich im Recht zu sein. Das sei umso gefährlicher, weil Radler von anderen Verkehrsteilnehmern leicht übersehen würden – von Lastwagenfahrern vor allem, weil sie im toten Winkel verschwinden würden.
Forscher fordern Abbiege-Assistenten in allen Lastwagen
Die Unfallforscher fordern deshalb den Einbau von Abbiegeassistenten in allen Lastwagen – in der Hoffnung, dass es künftig weniger solcher dramatischer Fälle geben wird wie den, der vor dem Oberlandesgericht Hamm endete: Ein Lkw-Fahrer kollidierte dabei beim Rechtsabbiegen mit einem Radler, der später seinen Verletzungen erlag. Es stellte sich heraus, dass der Lastwagen nicht Schrittgeschwindigkeit gefahren ist, sondern knapp 20 Stundenkilometer.
Weil er damit seine Sorgfaltspflicht „grob verletzt“ hatte, musste er sich dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung stellen. Zwar hatte hier die Staatsanwaltschaft das Verfahren zunächst eingestellt, da ein verkehrsanalytisches Gutachten belegt habe, dass der Angeklagte den Fahrradfahrer nicht habe sehen können.
Die Witwe des Mannes stellte aber einen Antrag auf gerichtliche Prüfung der Entscheidung, die das Oberlandesgericht Hamm vornahm. Im Rahmen dieser Prüfung stellte sich heraus, dass der Unfall zu verhindern gewesen wäre, wäre der Trucker so langsam abgebogen, dass er noch rechtzeitig auf plötzlich auftauchende Verkehrsteilnehmer hätte reagieren können.
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