Literatur als Projekt
Lydia Daher sprengt die Grenzen zwischen Lyrik, Bildern und Musik
Ein Kritiker verreißt einen Autor im Kulturteil einer Zeitung. Die Berliner Lyrikerin Lydia Daher zerreißt diese Kritik und formt aus den Wörtern der Kritik ein Gedicht. Sie tut das Woche für Woche, drei Jahre lang. Sie entnimmt überdies der jeweils gleichen Zeitungsausgabe Bilder und montiert sie zusammen mit dem Gedicht zur Collage. Über Gedicht und Collage schreiben wiederum die Kritiker in Zeitungen. So entsteht durch das Projekt „Und auch nun, gegenüber dem Ganzen – dies“ ein fortlaufender und prinzipiell endloser Prozess der Geburt von Literatur aus Literatur.
Von diesem ihrem Projekt berichtete Lydia Daher bei ihrem Auftritt im Krumbacher Schloss im Rahmen des Krumbacher Literaturherbstes. Ihre Collagen seien begehrt, hätten mittlerweile Rang und Namen in der Kunstszene. Erstmals könne sie mit Lyrik Geld verdienen. Und stolz sei sie darauf, dass eine der Collagen Eingang in eine Sammlung gefunden habe, zu der beispielsweise auch Arbeiten von Max Beckmann gehörten. Lydia Daher trug ihre Gedichte als stetigen und melodiösen Klangfluss vor. Ihre Sprachkreationen sind zart, dicht und explosiv. Sie sind zart, weil die Autorin mit staunenswerter Sensibilität erspürt, was sich hinter der Oberfläche der Dinge und Verhältnisse abspielt. Sie sind ungemein dicht, weil sie extrem bildhaft agieren und das Vorstellungsvermögen des Hörers herausfordern. „Immer gehen wir in die Zukunft wie in ein Treppenhaus, in dem gerade das Licht ausgeht.“ Wer sich beim Zuhören auf so ein Bild einlässt und seinen Qualitäten nachspürt, versäumt mindestens die nächsten drei bis fünf Bilder. Explosiv ist diese Lyrik, weil sie beständig aneinandersetzt, was sich fremd und feindlich ist wie zwei Elemente, die explodieren, wenn sie zusammenkommen. „Wir berechnen die Zeit aus dem, was fehlt.“ Immer wieder provozieren diese Widersprüche im Text Neues, zwingen zu unkonventionellen und überraschenden Denkmanövern. Ihre Lyrik entschleunige, erklärte die Autorin, man müsse sich lang und intensiv mit ihr befassen. Das gilt auch für ihr jüngstes Projekt „Kleine Satelliten“. Hier schickt die Autorin Gedichte in zweifacher Übersetzung an den in Virginia lebenden Comic-Zeichner Warren Craghead III. Der eine Übersetzer ist arriviert, der andere ein autodidaktisch geschulter Newcomer.
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