Richard Attenborough: Mit „Gandhi“ zu acht Oscars
90-jährig starb der Filmregisseur Richard Attenborough, dem eine ganze Reihe von Kinoerfolgen glückte. Aber auch vor der Kamera war der Engländer erfolgreich.
Seinen Spitznamen hasste er. Dickie wurde dem Mann mit dem weißen Rauschebart nicht gerecht. Die zwar liebevoll gemeinte Bezeichnung ließ Richard Attenborough jedoch von einem künstlerischen Großkaliber zu einem Leichtgewicht schrumpfen. Das aber war der britische Schauspieler und Regisseur keineswegs. Vielmehr prägte er in den vergangenen Jahrzehnten den britischen Film wie kaum ein anderer. Am Sonntag ist er im Alter von 90 Jahren gestorben.
Sir Richard Attenboroughs Spiel vor der Kamera war brillant
Nicht nur die Filmwelt reagiert bestürzt. Sein Spiel vor der Kamera in „Brighton Rock“ (1947) war brillant, seine Regie bei „Gandhi“ (1982) überwältigend – Richard Attenborough, twitterte der britische Premierminister David Cameron, war einer der „Größten des Kinos“. Attenborough selbst gab sich zeitlebens bescheidener. Er sei kein Cineast gewesen, sagte er einmal. „Ich bin ein Regisseur, der Geschichten erzählt.“ Und: „Ich habe nie einen großen Film gemacht.“
Weltruhm mit Film "Gandhi"
Das sahen Zuschauer und Kritiker anders. Mit dem Monumentalepos „Gandhi“ über das Leben und Wirken des indischen Freiheitskämpfers hat er es als Regisseur zu Weltruhm gebracht. Der Film gewann 1983 acht Oscars, unter anderem für den besten Film und die beste Regie. Der gewaltige Streifen war so etwas wie sein Lebenswerk. Fast zwei Jahrzehnte lang hatte sich Attenborough mit dem Leben Gandhis beschäftigt, bevor er sich an die filmische Umsetzung wagte. Ben Kingsley, der damals die Hauptrolle spielte und damit seine Karriere so richtig in Fahrt brachte, befand über den Regisseur: „Er war ein wunderbarer Mann.“ Attenboroughs Ziel? „Ich will unterhalten und das Publikum dabei auch zum Nachdenken anregen.“
1923 in Cambridge geboren, begann der Sohn eines Universitätsrektors 1942 seine Karriere als Schauspieler am Theater des Londoner West End. Er besuchte die Royal Academy of Dramatic Arts. Nachdem er während des Zweiten Weltkriegs drei Jahre lang bei der Royal Air Force diente, nahm er nach Kriegsende die Schauspielerei wieder auf. Den ersten Durchbruch erreichte er 1947 mit seiner Rolle als psychopathischer Killer Pinky in der Verfilmung des Graham-Greene-Romans „Brighton Rock“. Es folgten zahlreiche Filme, darunter auch „Der Flug des Phönix“ (1965) an der Seite von James Stewart und Hardy Krüger.
Attenborough: "Schauspielern ist fürchterlich"
Irgendwann war es Attenborough nicht mehr genug, nur vor der Kamera zu stehen. „Schauspielern ist fürchterlich“, beklagte er sich. Er wollte nicht länger Kommandos befolgen, sondern selbst Ideen verwirklichen. Mehr und mehr arbeitete er als Regisseur und Produzent. „Die Brücke von Arnheim“, einige Jahre vor dem „Gandhi“-Erfolg entstanden, wurde als Anti-Kriegsfilm auch in Deutschland hoch gelobt. Eine Anklage gegen Rassismus war der Film „Schrei nach Freiheit“ (1987) über das Leben des in Südafrika ermordeten Freiheitskämpfers Steve Biko. Die Kinoversion des Musicals „A Chorus Line“ (1985) sowie „Shadowlands“ (1994) über das Sterben eines Krebskranken waren für Oscars nominiert. „Regie zu führen erlaubte es mir, Dinge zu tun, die ich als Schauspieler nicht machen konnte“, bekannte Attenborough einmal.
Attenborough wurde zum Ritter geschlagen
Bereits 1967 wurde er von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen, 17 Jahre später verlieh sie ihm den Titel Lord Attenborough of Richmond-on-Thames. Damit hatte der Anhänger der sozialdemokratischen Labour-Partei die Berechtigung, im britischen Oberhaus Politik zu machen. 1993 kehrte Attenborough auch auf die Leinwand zurück mit der Rolle des exzentrischen Milliardärs Hammond in Steven Spielbergs „Jurassic Park“. Im Jahr darauf trat er als Weihnachtsmann vor die Kamera im „Wunder von Manhattan“.
Attenborough, der sich stark ehrenamtlich engagierte, war mehr als 50 Jahre mit der Schauspielerin Sheila Sim verheiratet und wohnte als Vater von drei Kindern in London. Seinen größten Schicksalsschlag erlebte er 2004, als seine Tochter Jane und die 14 Jahre alte Enkelin Lucy bei der Tsunami-Katastrophe in Südostasien ums Leben kamen. Attenborough, dessen Bruder David als Tier- und Naturfilmer über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist, lebte nach einem Schlaganfall zuletzt in einem Altenheim in seiner Heimatstadt Cambridge. Kommenden Freitag wäre er 91 Jahre alt geworden.
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