Schweres und Leichtes
Thomas Lenhart definiert durch Großplastiken Räume und Blickbeziehungen
Schondorf Feiertagswetter hin, Wiesnwochenende her: Die Kunstfreunde am Ammersee kommen trotzdem in Scharen. Dies galt zumindest für die Open-Air-Vernissage am Sonntagmittag, als in den Schondorfer Seeanlagen die temporäre Aufstellung dreier Großplastiken von Thomas Lenhart gefeiert wurde.
Eigentlich gehörte das Event in die Reihe „Kunst im Rathaus“, womit Schondorf einheimischen Künstlern regelmäßig Ausstellungsfläche bereitstellt. Allerdings hätten Lenharts mächtige Stahlrahmen unmöglich in ein normales Haus gepasst, und so blieb nur die Außenaufstellung – Bürgermeister Peter Wittmaack kam dennoch als „Hausherr“ dazu.
Die Kunsthistorikerin Urte Ehlers, die auch Vorsitzende im Regionalverband Bildende Künstler (RBK) ist, thematisierte in ihrer Einführung die Gegensätze, die sich in Lenharts Werken vereinen. Bei den Paarungen von rostigem Rahmen und edelmetallglänzender Schnur treffe Schweres auf Leichtes, Vergängliches auf Beständiges. Tatsächlich fällt es schwer, an Lenharts Werken vorbeizuschauen, obwohl sie deutlich vom Uferweg abgesetzt sind. Aus der Irritation des Blicks erwächst bald Faszination und man tritt näher hinzu. Tatsächlich ist jedes der von Ferne so ähnlich wirkenden Werke verschieden. In „WirrSinn“ sind drei riesige, rostige Stahlrahmen wie ein lässig hingeworfener Meterstab hochkant im Zickzack aufgestellt. Der mittlere Teil des Tryptichons ist gleich einem technoiden Spinnennetz durchsponnen mit silbrigen Stahlfäden - doch halt: Selbst hier steigert der nähere Blick das Staunen, denn das ganze Gespinst ist mit einem einzigen flexiblen Spezialdraht ausgeführt, der mehrere Hundert Meter lang ist. Ebenfalls „gefädelt“ wartet der „Große Fadenschein“ auf. Hier stehen sich zwei Stahlrahmen gegenüber. Die Stahlschnüre bilden eine Art querliegende Mae West-Skulptur und lassen, gleich einem Fernrohr, einen Durchblick auf den See zu.
„Wenn der Raureif und Schnee kommen, werden sie die Skulptur noch einmal total verändern“, sagt Lenhart, der das Werk schon einmal in seinem Garten stehen hatte. Andere der Großskulpturen waren auch bereits in Landsberg zu sehen, etwa vor dem Sandauer Tor oder sogar in der Säulenhalle.
Drittes Werk ohne Fäden
Das dritte Werk lässt die Fäden weg: In „Sehbilder“ sind lediglich zwei Stahlrahmen ineinander verkantet, wobei der innere schräg steht. Sogar dieser Minimalismus wirkt noch anregend, ist man doch versucht, die Rahmen als Markierungslinien des eigenen Blicks zu verwenden. So fängt man an, an den Rahmen vorbeizugehen, oder auch mitten hindurch, und ist bereits in einen interaktiven Prozess mit dem Kunstwerk eingetreten.
Skulpturen bis Ende des Winters
„Für mich muss Kunst begreifbar sein“, sagt Lenhart, der sein extra-hohes Atelier in Eching hat, nachdem er in den 90er-Jahren noch am Schondorfer St.-Jakobs-Bergl entwarf. Anfassen sei also erlaubt, doch würde er sich freuen, wenn es dabei dann auch bliebe. Schließlich sollen die Skulpturen bis zum Ende des Winters aufgestellt bleiben. Lenhart, der seit über 18 Jahren in Schondorf lebt, sieht sich als großen Anhänger des US-Metallbildhauers Richard Serra. „Ich liebe es in gleicher Weise, den Raum, wo man steht, zu nutzen, zu füllen und zu definieren.“ Daher entwickle er die Arbeiten auch nicht für eine bestimmte Umgebung – der Platz bei und mit den Stahlskulpturen sei jeweils der richtige.
„Mir macht es eben Spaß, mit schweren Materialien und der Ausdrucksweise des Minimalismus Leichtigkeit zu erzeugen.“ Eine Winterausstellung in der Villa am See am Weingartenweg solle in Schondorf ab Dezember noch mehr Metallkunst präsentieren, voraussichtlich mit Peter Schwenk, einem renommierten Rosenheimer Künstler, sagte Lenhart dem Landsberger Tagblatt.
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