Abstimmung mit dem Geld
Jenseits neuer Hilfsmilliarden würde Athen vor allem eine moralische Rosskur auf die Beine bringen.
Kapitalismus kann eine ehrliche Angelegenheit sein. In einer Marktwirtschaft mit freiem Geldverkehr wird politisches Versagen rasch offenbar, weil Geld, ein scheues und nach Vermehrung gierendes Gut, dorthin drängt, wo Sicherheit und Rendite vermutet werden. Wenn wie in Griechenland trotz aller Beschwichtigungs-Propaganda aus Brüssel nach wie vor Chaos und politisches Missmanagement herrschen, macht sich das Geld aus dem Staub. Die Reichen des Landes haben ihr Vermögen zum Teil schon ins Ausland geschafft. Der in dem Land erschreckend gering ausgeprägte Patriotismus endet dort, wo die Gefahr besteht, dass der Wert des Kapitals schrumpft. In dem Sinne verhalten sich manche Griechen asozial, was Intellektuelle des Landes wie der Philosoph Nikos Dimou kritisieren: „Die einzigen großen Kapitalisten sind unsere Reeder – die leben aber nicht in Griechenland.“
Jenseits neuer Hilfsmilliarden würde Athen vor allem eine moralische Rosskur auf die Beine bringen. Oder um einen Satz von SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück auf Griechenland zu übertragen: Das Land bräuchte mehr wir und weniger ich. Aus einer anarchischen Gesellschaft, in welcher der Staat oft als Feind angesehen wird und dem Steuern vorenthalten werden, muss ein wirkliches Gemeinwesen erwachsen. Ansonsten erfährt das Misstrauensvotum der verbliebenen Kapitalisten eine Fortsetzung.
Viele Griechen kaufen sich heute eine Wohnung etwa in Berlin, sodass die Preise dort stark ansteigen, was langfristig zu einer Blase führen kann. Nicht nur deshalb liegt es in unserem Interesse, den Griechen zu helfen.
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