Die Zukunft der SPD
Die SPD feiert ihren 150. Geburtstag, und sie kann stolz sein auf ihre lange Geschichte. Die älteste demokratische Partei Europas ist immer auf der Seite der Demokratie gestanden.
Die SPD feiert ihren 150. Geburtstag, und sie kann stolz sein auf ihre lange Geschichte. Die älteste demokratische Partei Europas ist immer auf der richtigen Seite, auf der Seite der Demokratie gestanden. Sie hat für die Weimarer Republik und gegen Hitler gekämpft und von Beginn an alles in ihrer Macht Stehende getan, den sogenannten kleinen Leuten ein besseres Leben zu ermöglichen. Es war die historische Mission der Sozialdemokratie, den Kapitalismus zu bändigen und den Freiheitsgedanken der Demokratie mit größtmöglicher sozialer Sicherheit für die Bürger zu kombinieren. Der Ausbau des Sozialstaats, der mit einer starken Zunahme an Gleichheit innerhalb der Gesellschaft einherging, ist überwiegend das Werk der SPD.
Der Soziologe Ralf Dahrendorf irrte, als er vor 30 Jahren das „Ende des sozialdemokratischen Zeitalters“ ausgerufen hat. Wenn heute von der „Sozialdemokratisierung“ der Gesellschaft gesprochen wird, so belegt dies nicht nur den Erfolg der SPD, sondern auch die anhaltende Zugkraft sozialdemokratischer Grundüberzeugungen – vor allem jener, wonach jedem unabhängig von seiner Herkunft ein Aufstieg möglich sein muss. Eine große Vergangenheit ist das eine, die Frage nach der Zukunft das andere. Ausgerechnet in ihrem Jubiläumsjahr steht es nicht allzu gut um die Sozialdemokratie und ihren Anspruch, das Land zu führen.
Sie hat sich leidlich erholt von dem Schock des tiefen Absturzes, der ihr bei der Bundestagswahl mit erbärmlichen 23 Prozent widerfahren ist – und Landtagswahlen in Serie gewonnen. Im Bund allerdings, wo man es mit einer populären Euro-Krisen-Kanzlerin zu tun hat, ist die SPD von alter Stärke weit entfernt. Mehr noch als die andere große Volkspartei, die Union, leidet die Sozialdemokratie unter den Veränderungen der Parteienlandschaft, die seit dem Aufstieg der Grünen und der Etablierung der Linkspartei eingetreten sind und von einer generell nachlassenden Bindekraft der Volksparteien gekennzeichnet sind. Bis heute bekommt die SPD die Nachwehen der mutigen Reformpolitik Schröders zu spüren, die für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands von eminenter Bedeutung war, doch zum Verlust vieler Stammwähler geführt hat.
Im Richtungsstreit um die „Agenda 2010“ ist eine SPD zum Vorschein gekommen, die verunsichert nach Antworten auf die Veränderung der Arbeitswelt und den drohenden Kollaps der Sozialsysteme sucht und im Zweifel auf defensive Bestandssicherung und eine noch stärkere Rolle des Umverteilungsstaates setzt. Der Partei fehlt es an jenem Schwung und Elan, der sie in den Glanzzeiten Brandts, Schmidts und Schröders als Fortschrittspartei ausgezeichnet hat. Sie wirkt, zumal im Vergleich mit den verbündeten Grünen, zu staatsgläubig und zu bieder. Sie redet irgendwie am Lebensgefühl jener „neuen Mitte“ vorbei, die Schröder 1998 zum Wahlsieg verholfen hat. Es ist diese mangelnde Ausstrahlung, die die alte und verdienstvolle Partei gelegentlich unzeitgemäß erscheinen lässt.
Die SPD führt den Wahlkampf 2013 im Namen ihres seit eh und je edelsten Anliegens, der sozialen Gerechtigkeit. Sie ist zu diesem Zweck wieder ein gutes Stück nach links gerückt. Das Steuer- und Abgabenerhöhungsprogramm, das in seiner Wucht an die klassischen politischen Antworten von gestern erinnert, passt so gar nicht zu dem Kandidaten Peer Steinbrück. Man hat den Herausforderer Merkels, der im Stile Schröders in der wahlentscheidenden Mitte punkten wollte, regelrecht eingemauert. Entsprechend schlecht sind die Aussichten, das Jubiläumsjahr mit einem Wahlsieg zu krönen.
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