Eine Echse erklärt die Welt
Puppenspieler Michael Hatzius lässt sein Urzeittier im Ulmer Zelt von früher erzählen. Dabei erscheint selbst Martin Luther in neuem Licht.
Wer sechs Milliarden Jahre alt ist und den Untergang der eigenen Artgenossen überlebt hat, sieht die Welt anders: Sarkastisch, ätzend, arrogant und abgeklärt – so tritt Michael Hatzius’ Echse auf. Wobei: Dass das Urvieh eigentlich kein Eigenleben hat, sondern aus dem Bauch des 35-jährigen Berliner Puppenspielers „herauswächst“, vergisst der Zuschauer auch im Ulmer Zelt fast ganz. Hatzius verschwindet sowohl als Person als auch optisch meist hinter dem olivgraugrünen Wesen, das – bekannten politischen Zigarrenrauchern nicht unähnlich – die Bühne für sich einnimmt. Dabei macht Hatzius unter dem Tarnmantel der überlebensgroßen Echse im Grunde Geschichte für Fortgeschrittene, und die ist nur vordergründig lustig.
Dass die Echse zu Beginn über die Dialekte von Schwaben, Bayern und Österreichern ätzt, sie als Behinderung und Fehler im Gehirn wertet und sich fragt „Wenn Franken Menschen wären, was wären dann Unterfranken?“, das kommt im Süden der Republik wahrscheinlich weniger amüsant als in Berlin, woher Hatzius kommt und wo er einen Lehrauftrag an der Hochschule für Schauspielkunst hat. Das Urvieh ist selbstverständlich absolut vorurteilsfrei, behauptet es von sich – und ist das Tier gewordene Vorurteil. Allüren aber sollte man einem Star zugestehen, der aus der Urzeit kommt und der nicht nur Konfuzius gut kannte, sondern auch Martin Luther. Der hatte nämlich vor 500 Jahren ein Reformhaus und fuhr einen alten Wartburg, und Strafzettel bezahlte er sowieso nie; als er 95 gesammelt hatte, schlug er sie in Wittenberg an die Tür der Schlosskirche. Oder war es irgendwie doch anders und die Erinnerung der Echse trügt?
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