Das "Dschungelcamp"-Drehbuch wiederholt sich
Seit elf Jahren schalten Millionen Deutsche beim Dschungelcamp ein. Treue Fans ahnen, wer gewinnt.
Sie haben alle ihre Rollen gefunden. Da ist Hanka Rackwitz (→ Porträt), die Nervbacke mit Panik vor Gruppenumarmungen. Honey (→ Porträt), der eitle Schönling und selbst ernannte Anführer des Camps. Und da ist Gina-Lisa (→ Porträt), das ewige Opfer mit dem guten Herzen. Man kennt das. Letztes Jahr hieß die Nervenprobe Ricky Harris, der Beau David Ortega und Menderes war der arme Tropf, dem man nach dem Camp ein bisschen Glück vom Leben wünschte.
Das Drehbuch des RTL-Dschungelcamps wiederholt sich – und doch schalten Millionen seit elf Jahren treu den Fernseher ein, wenn pürierte Kotzfrucht und Bittermelonensaft mit pürierten Schafshoden auf der Getränkekarte der Camp-Insassen stehen (→ alle News hier). Ohne Risiko bei ekligen Prüfungen mitfiebern und im nächsten Moment hämisch über die geschundenen Kandidaten lachen zu dürfen – so erklärt der Medienwissenschaftler Bernd Gäbler („Bohlst du noch oder klumst du schon?“) laut Mitteldeutscher Zeitung die Faszination von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus (IBES)“.
"Dschungelcamp 2017" mit soliden Quoten
Während zu Beginn der neuen Staffel vor elf Tagen noch über sieben Millionen Zuschauer zu später Stunde dem Treiben im Urwaldlager in Ost-Australien folgten, blieben RTL zuletzt etwas mehr als sechs Millionen Zuschauer. Das ist solide, auch wenn es die zehnte Staffel noch auf durchschnittlich 7,1 Millionen Zuschauer gebracht hatte.
Ein weiterer Erfolgsfaktor von „IBES“ ist laut Medienwissenschaftler Gäbler, „dass der Zuschauer über die Nominierung eines Kandidaten in das Geschehen eingreifen kann“. Das befriedige unser aller Streben nach Macht. Der Zuschauer könne „das Verhalten anderer quasi direkt bestrafen“.
Hoher Werbeumsatz während "Dschungelcamp"
Doch an dieser Macht über die mehr oder weniger bekannten Kandidaten scheint der Zuschauer heuer etwas die Lust verloren zu haben. Wie die Bild-Zeitung enthüllte, sollen zuletzt teilweise nur rund 10.000 Zuschauer angerufen haben, um einen Kandidaten in die nächste Dschungelprüfung zu schicken. Gut für RTL, dass es sich finanziell nicht auf die Telefonanrufe verlassen muss. Denn das große Geld verdient der Sender mit Werbung: Demnach kostet ein 30-Sekunden-Spot 85.000 Euro, 56.000 werden für zehn Sekunden fällig. Für Sonderwerbeformate fließen sogar 135.000 Euro – zum Beispiel dann, wenn diesmal ein Kekshersteller während der laufenden Sendung sein Produkt einblendet. Laut Bild hat RTL allein am ersten Dschungelcamp-Sonntag einen Werbeumsatz von circa 4,7 Millionen Euro gemacht.
Der Zuschauer wird am Ende dann belohnt, wenn sich sein Tipp auf den Dschungelkönig bewahrheitet. Ein kleiner Hinweis für Wettrunden: Letztes Jahr stand ja der arme Tropf am Ende ganz oben…
Die Diskussion ist geschlossen.