Der Niedergang von dem Genitiv
Forscher sieht den zweiten Fall auf dem absteigenden Ast - und verteidigt den "Deppenapostroph".
Der sogenannte Deppenapostroph hat Tradition. Die falsche Verwendung des Satzzeichens, im Deutschen für blumige Kreationen wie „Mandy’s Nageloase“, „Bahnhof’s Markt“ oder „Frühstück’s-Buffet“ verantwortlich, existierte bereits im 19. Jahrhundert. Er habe ihn in Schriften aus der Zeit gefunden, etwa in „Goethe’s Texten“ berichtet der Sprachforscher Horst Simon, Professor für Historische Sprachwissenschaft an der FU Berlin.
Er hält den Begriff Deppenapostroph nicht nur deshalb für falsch. „Er ist viel eher ein netter Apostroph“, findet Simon. Er mache es den Adressaten im Genitiv leichter, das Wort zu erkennen und werde in den meisten Fällen sehr bewusst gesetzt. Der Genitiv sei ohnehin im Wandel. Simon leitet in der kommenden Woche eine Tagung zum kniffeligen zweiten Fall, die den Titel „Sorgenkind der Sprachkritik“ trägt. Der Linguist sieht den Genitiv „auf dem absteigenden Ast“. Bestimmte Fremdwörter und Eigennamen würden fast schon ausschließlich ohne das Genitiv-s verwendet, zum Beispiel „Benutzer des Internet“. Mit Verben werde der Fall fast gar nicht mehr gebraucht, und manche Dativ-Wendungen seien sogar vorteilhaft. So sei die Formulierung „dem Peter seinem Freund sein Hund“ viel funktionaler als „Peters Freunds Hund“.
Niemand, sagt Simon, spreche zu jeder Zeit normiertes Deutsch, und das sei auch gar nicht schlimm. Auch den schleichenden Genitiv-Verlust betrauert er nicht. „Als Wissenschaftler ist mir das wurscht.“ (mit dpa)
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