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Kolumbien
16.03.2016

Eine Drogenhochburg in Kolumbien probt den Frieden

Nach wie vor patrouillieren Soldaten in der „Comuna 8“, einem der Elendsviertel von Medellín.
Foto: Raul Arboleda, afp

Medellín galt einst als gefährlichste Stadt der Welt. Inzwischen ist die Metropole so etwas wie ein Vorzeigeprojekt. Und ein Sinnbild für ein Land, das eine historische Chance hat.

Die „Comuna 8“ thront hoch über der Innenstadt von Medellín. Ein zusammengewürfeltes Labyrinth aus Hütten, lose baumelnden Stromkabeln und steilen, engen Gassen, in denen nur Mopeds ohne größere Manöver vorankommen. Es ist eine offene Wunde des Bürgerkriegs, der in Kolumbien tobt.

In Medellín tobt seit 51 Jahren ein Konflikt

Seit 51 Jahren tobt hier der Konflikt zwischen linken Guerillagruppen auf der einen und der Armee sowie rechtsextremen Paramilitärs auf der anderen Seite. Mehr als 220 000 Menschen sind seither ums Leben gekommen. Städtische Elendsviertel wie die „Comuna 8“ wiederum schlucken Vertriebene aus ganz Kolumbien. Menschen, die vor der Gewalt in den abgelegenen Regionen des Landes in die Städte flohen. Auf mehr als sechs Millionen ist ihre Zahl inzwischen angeschwollen – weltweit gibt es nur in Syrien mehr Flüchtlinge.

Doch hier, in Lateinamerika, besteht so etwas wie Hoffnung. Manche sprechen sogar von einer historischen Chance angesichts des geplanten Friedensabkommens, das die Farc-Rebellen und die Regierung schließen wollen. Kommende Woche, am 23. März, sollte der Vertrag unterzeichnet werden – und den längsten Bürgerkrieg Lateinamerikas beenden. Nun heißt es, das Abkommen dürfte sich verzögern.

Das Elendsviertel "Comuna 8" war eine rechtsfreie Zone

80 Kilometer südöstlich von Medellín, der zweitgrößten Stadt Kolumbiens, liegt Cocorná – auf den ersten Blick der Gegenentwurf zur „Comuna 8“: ein idyllischer Ort mit fruchtbarem Boden, kristallklaren Wasserfällen und üppig bewaldeten Bergen. Und die Heimat von Yisela Quintero. Bis sie vor 15 Jahren mit ansehen musste, wie die Guerilla-Kämpfer vermeintliche Spitzel exekutierten.

Die Armee hielt sie für eine Komplizin der Rebellen. Eine Woche lang versteckte sich die damals 24-Jährige, dann jagte ihr die Armee rechte Todesschwadronen auf den Hals. Sie flüchtete mit ihrer vierjährigen Tochter nach Medellín in die „Comuna 8“, wo eine Nachbarin ihr Unterschlupf gewährte. Und kam vom Regen in die Traufe.

Medellín von oben.
Foto: Raul Arboleda, afp

Die Elendsviertel waren rechtsfreie Zonen, nicht einmal auf den Stadtplänen eingezeichnet, bevölkert von Menschen, die unsichtbar für den Staat blieben. Orte, in denen der Stärkere sein Recht durchsetzte. In den 80er Jahren war das Pablo Escobar. Er war der Erste, der in den Armen Potenzial entdeckte, und sie zu billigen Handlangern seines Kokain-Imperiums machte. Seine Killer säten Angst und Schrecken.

Die Stadt mit der höchsten Mordrate der Welt

Anfang der 90er kamen in Medellín jedes Jahr 381 Morde auf 100 000 Einwohner – so viel wie in keiner anderen Stadt der Welt. Nachdem der berüchtigte Drogenboss 1993 im Kugelhagel der Polizei starb, stritten sich die linke Guerilla und rechte Paramilitärs um die Reste seines Imperiums, um Macht und Kontrolle. Das Blutvergießen ging weiter. Und Quintero war erneut mitten in der Gewalt, vor der sie eigentlich geflohen war.

Nachts, wenn wieder einmal Kugeln flogen, musste sie sich mit ihren mittlerweile drei Töchtern unter dem Bett verstecken. Ihre Holzhütte hielt die Querschläger nicht auf. Manchmal wurde sie wach von den Schreien der Folteropfer, die in der Kommandozentrale der Todesschwadronen 50 Meter oberhalb ihres Hauses gequält und ermordet wurden. Manches kann sie heute erzählen, auch wenn sie ab und zu noch instinktiv die Stimme senkt, damit ihr Worte nicht in falsche Ohren gelangen. Laut und fröhlich wird sie erst, wenn der Weg steil bergauf führt – und sie den Besuchern das zeigt, was sie stolz „mein neues Lebensprojekt“ nennt: urbane Gemüsegärten, auf verwegenen Terrassen in den Hang geschlagen.

Die Folterzentrale ist nun das Gemeinschaftshaus

Das Terrain wurde ebenso wie das heutige Gemeinschaftshaus – die ehemalige Folterzentrale – von der Gemeinde zurückerobert, nachdem die Paramilitärs 2005 ihre Waffen niedergelegt hatten und ihre Chefs inhaftiert worden waren. Unterstützt wurde Quintero von der juristischen Vereinigung Freiheit, einer lokalen Partnerorganisation des katholischen Hilfswerks Misereor.

Die Schrebergärten versorgen mittlerweile 40 Familien der Siedlung Pinares del Oriente mit Obst und Gemüse. Menschen aus unterschiedlichsten Regionen Kolumbiens, mit ganz verschiedenen Leidensgeschichten. Quintero sagt, für viele sei das Wühlen in der Erde, das Hegen von Pflänzchen eine heilsame Rückkehr zu ihren ländlichen Wurzeln. Und dass die gemeinsame Arbeit vieles leichter mache. „Manche haben hier erstmals über ihr Leid sprechen können, und wir haben gemeinsam geweint“, erzählt Quintero. Und: „Wir haben unsere Erinnerung zurückgewonnen.“

Die Stadtverwaltung scheint aus alten Fehlern gelernt zu haben

Auf dem Plateau hoch über den Gemüsegärten, mit einem atemberaubenden Blick über die Stadt, hat die Stadtverwaltung einen kleinen Kinderspielplatz gebaut. Dort steht auch das neue, zweistöckige Kultur- und Sportzentrum der „Comuna 8“ und die Station der städtischen Hochseilbahn, die demnächst eingeweiht werden soll. Und die moderne Bibliothek, die Spaniens König Juan Carlos 2007 eröffnete und die den Menschen Bildung und Zukunft geben soll.

Es scheint, als habe der tiefe Fall Medellíns auch positive Folgen. Denn die Stadtverwaltung ist gewillt, aus alten Fehlern zu lernen und die Armenviertel zu integrieren. Schließlich sind ein Fünftel der Menschen, die in Medellín leben, Vertriebene des Bürgerkriegs. Opfer, aus deren Misere sich leicht die nächste Generation der Täter rekrutieren lässt.

Das neue Sportzentrum von Medellín.
Foto: Raul Arboleda, afp

Der ehemalige Bürgermeister Sergio Fajardo sagt: „Die Gewalt ist wie eine Türschwelle. Ist sie einmal überschritten, ist die Rückkehr sehr schwer.“ Daher müsse man alles tun, damit die Jugendlichen diesen Schritt nicht tun und ihnen attraktivere Angebote machen als die Banden. Andrés Botero, der Präsident des kolumbianischen Sportverbands, bestätigt: „Vor einigen Jahren hat sich noch nicht einmal die Polizei hierher getraut.“ Heute ist Medellín, das lange als gefährlichste Stadt der Welt galt, so etwas wie ein Vorzeigeprojekt. 2013 wurde sie vom Wall Street Journal zur „innovativsten Stadt der Welt“ gekrönt. Die Drei-Millionen-Metropole habe eine der „bemerkenswertesten Kehrtwenden aller Zeiten“ vollbracht, hieß es in der Begründung.

Die Arbeitsmarktsituation ist nach wie vor bedenklich

Die stadtpolitische Kehrtwende überzeugt Yisela Quintero allerdings nicht ganz. „Ja, schön ist es, unser Sportzentrum“, meint sie, „aber 13 000 Nachbarn haben bis heute kein Trinkwasser. Und während die Kinder Fußball spielen, machen sich die Mütter Sorgen, weil sie keinen Job haben und nicht genügend zum Essen auf den Tisch bringen können.“ Die moderne Infrastruktur ist beeindruckend – doch gleichzeitig bedroht die Hochseilbahn die Arbeitsplätze der Kleinbusfahrer aus der „Comuna 8“, die bislang für den Transport gesorgt haben. Und für jede Seilbahnstation verloren dutzende Familien erneut ihr Dach über dem Kopf. „Die Stadtoberen verkaufen ein Bild von Medellín für Touristen und Investoren. Und wir Opfer laufen Gefahr, wieder an den Rand gedrängt zu werden“, warnt Quintero.

Pinares del Oriente zum Beispiel steckt im rechtlichen Niemandsland fest. Die Hütten sind an erdrutschgefährdeten Hängen errichtet und als Risikogebiet eingestuft. Deshalb gibt es weder Infrastruktur – außer der von den Nachbarn illegal abgezweigten – noch Kredite, um die Häuser mit festen Fundamenten zu verankern. Die Nachbarn fürchten, dass sie bald erneut vertrieben werden, denn die Stadt hat in der „Comuna 8“ mit der Einrichtung des „Jardin circunvalar“ begonnen, einem Grüngürtel als städtisches Naherholungsgebiet.

Yisela Quintero, deren Heimatdorf inzwischen durch einen Staudamm überflutet wurde, ist nicht gewillt, sich erneut vertreiben zu lassen. „Ich habe keine Lust mehr, den Mund zu halten. Wenn wir weiter zulassen, dass unsere Rechte mit Füßen getreten werden, wird es nie etwas mit dem Frieden.“ (mit dpa)

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