"Ellas Entscheidung": Künstliche Befruchtung wegen Gen-Defekts
Der Film "Ellas Entscheidung" zeigte gestern, welche ungeahnten Folgen eine künstliche Befruchtung haben kann. Und er warf die Frage auf, inwiefern man Schicksal spielen darf.
Wenn ein Paar unbedingt ein Kind möchte, es aber ungeahnte Hindernisse für eine Schwangerschaft gibt - dann greift es nach dem letzten Strohhalm. Doch die Folgen können schwerwiegend oder gar furchtbar sein. Darum ging es in dem Film "Ellas Entscheidung", der am gestrigen Montag (20.15 Uhr) im ZDF zu sehen war.
"Ellas Entscheidung": Paar wünscht sich ein Kind
Eine Frau klettert einen Felswand empor. Sie hat die Augen verbunden - und wird zum Glück von ihrem Mann am Seil gehalten. Das Paar, die Dorfschullehrerin Ella (Petra Schmidt-Schaller) und der Bäcker Marcus Herlinger (Christian Erdmann), wünscht sich so sehr ein Kind, doch Ella trägt das Gen einer unheilbaren Krankheit in ihrer DNA. Daher entscheiden sich die beiden für die Präimplantationsdiagnostik (PID): Das bedeutet, dass eine Eizelle im Reagenzglas befruchtet wird - eingepflanzt wird dann aber nur ein Embryo ohne den Gendefekt.
Doch die Behandlung per PID ist teuer, die Krankenkasse übernimmt keinerlei Kosten, und so müssen Ella und Marcus eine Hypothek auf den Hof aufnehmen, den Ella von ihren Eltern (Tina Engel, Gerhard Garbers) geerbt hat. Den wahren Grund verrät sie jedoch nicht - was zu einem Zerwürfnis mit ihrer Schwester Johanna (Anna Schudt) führt. Ella wird schwanger - doch durch das Geschwätz der Leute im Dorf kommt die Wahrheit heraus.
Der ruhig erzählte Film von Regisseurin Brigitte Maria Bertele (42, "Begierde"-Reihe in der ARD) macht den Gewissenskonflikt sehr klar deutlich, in den Eltern geraten können. Die Autorin des Drehbuchs, Kristin Derfler, hat sich den Rat des Berliner Gynäkologen Matthias Bloechle geholt, was man dem wohltuend fachkundig recherchierten Film anmerkt. Die stark eingegrenzte Rechtslage wird auch - mit sachlichen Dialogen - erklärt: In Deutschland ist PID grundsätzlich verboten und nur dann erlaubt, wenn in jedem geprüften Einzelfall den Eltern von einer Ethikkommission der Einsatz genehmigt wird. Doch letztlich bleibt es stets eine sehr persönliche Entscheidung: Darf man Schicksal spielen - und eine Unterscheidung von lebenswertem und unlebenswertem Leben vornehmen?
Gendefekt: Neun von zehn Paaren entscheiden sich zur Abtreibung
"Rund 100.000 Schwangerschaftsabbrüche verzeichnet das Statistische Bundesamt jährlich, neun von zehn Paaren entscheiden sich zur Abtreibung, wenn ein Gendefekt festgestellt wird", sagte Autorin Dörfler im ZDF-Interview. "Dem stehen lediglich 300 Paare gegenüber, die sich jährlich für die PID, also auch für die künstliche Befruchtung entscheiden, obwohl die meisten auf natürlichem Weg schwanger werden können. Ein bizarrer Widerspruch in der hochemotional geführten Debatte und diesem in einem Film nachzuspüren, war Motivation und Auslöser für meine Geschichte."
Mancher ihrer Dialoge im Film kommt plakativ daher: "Du kaufst dir ein gesundes Kind" oder "Wir reden über ein Kind, und nicht über eine Entlüftungsanlage". Aber im Grunde zeigt der Film die komplexe Problematik auf, denn vereinfacht gesagt: Auf Probe schwanger werden geht im Grunde nicht. Die Schauspieler agieren glaubhaft und sensibel, was angesichts des schwierigen Themas schon eine Kunst ist. Die Kamera fängt zwischendurch beruhigende Panoramen der Berglandschaft rund um das ziemlich katholisch geprägte Bergdorf irgendwo im Allgäu ein, und ein wenig Bauernhofatmosphäre samt der Geburt eines Kalbs gibt's auch.
Künstliche Befruchtung wegen Gen-Defekts: Thema in "Ellas Entscheidung"
Schließlich wird Ella ihr Kind zwar verlieren, und ob sie den Verlust verwinden kann, bleibt fraglich. Doch sie wird - gemeinsam mit ihrem Mann - über einen zweiten Schwangerschaftsversuch nachdenken. Das Bild am Anfang des Films steht sinnbildlich für seinen Inhalt. Am Ende kommt eine ähnliche Szene: Diesmal hat Marcus die Augen verbunden, und Ella hält ihn am Berg am Seil. Es ist nicht allein Ellas Entscheidung, um die es hier geht - bei ihrer schweren Gratwanderung halten sie sich vielmehr gegenseitig. dpa
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