Handyüberwachung durch Polizei: Journalisten sehen Pressefreiheit in Gefahr
Der Skandal um die flächendeckende Handyüberwachung durch Sachsens Polizei hat ein juristisches Nachspiel. Unter anderem die "taz" geht gegen die Datensammlung vor.
Die sächsische Polizei hatte während einer Anti-Nazi-Demo am 19. Februar in Dresden über eine Million Mobilfunkdaten ausgespäht und gespeichert. Ins Visier gerieten dabei nicht nur Demonstranten, sondern auch völlig unbeteiligte Anwohner, Autofahrer, Beobachter - und möglicherweise auch Journalisten.
Wie die tat aufdeckte, hatte die sächsische Polizei mit der Funkzellenauswertung eigentlich 14 Straftaten, darunter schweren Landfriedensbruch, aufklären wollen. "Den richterlichen Beschluss dazu hat die Polizei allerdings sehr weitreichend ausgelegt und in mindestens 45 Fällen Handydaten auch in Ermittlungen gegen Blockierer einfließen lassen", so die taz. Da dies "offensichtlich rechtswidrig" sei, habe die Staatsanwaltschaft Dresden das unterbunden und verboten, die Daten weiter zu verwerten.
Wegen der flächendeckenden Handyüberwachung bei den Protesten legten drei sächsische Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen mittlerweile Beschwerde beim Amtsgericht Dresden ein. Und auch die Tageszeitung "taz" geht gegen die flächendeckende Telefonüberwachung vor. Sechs taz-Journalisten legten nach eigenen Angaben Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft Dresden ein. Sie sehen sich durch die Speicherung ihrer Handydaten in ihrer Pressefreiheit eingeschränkt.
Es war nicht das erste Mal, dass die sächsische Polizei sehr exzessiv zum Instrument der Datensammlung griff, um eine Straftat aufzudecken: Schon im Mai 2009 hatten die staatlichen Datensammler nach einem Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge in einer Dresdner Kaserne tausende Kundendaten der Baumarktkette OBI sowie zehntausende Mobilfunkdaten erfasst, berichtete die taz. Mit den rund 162.000 Kassenzetteln der Baumarktkette wollten die Ermittler den mutmaßlich linksextremistischen Tätern auf die Spur zu kommen, da einer der Sprengsätze in eine nur bei Obi erhältliche Kiste verpackt gewesen war.
Die Mobilfunküberwachung im Februar stößt nicht nur auf scharfen Protest bei der Opposition im sächsischen Landtag. Auch der Datenschutzbeauftragte des Freistaats Sachsen hat sich des Falles angenommen. AZ
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