Lynchmord an junger Frau - vier Männer werden gehängt
Wegen des Lynchmords an einer jungen Frau in Kabul hat ein afghanisches Gericht vier Männer zum Tode verurteilt. Doch bei den Angehörigen des Opfers stößt das Verfahren auf Kritik.
Die vier Männer, die für den Tod der 27-Jährigen verantwortlich gemacht werden, sollen gehängt werden. Richter Safiullah Modschaddidi verkündete am Mittwoch nach dreitägiger Verhandlung die Todesurteile. Gegen acht weitere Angeklagte wurden lange Haftstrafen verhängt. Das Schnellverfahren stieß jedoch bei Angehörigen der Frau und auch bei Menschenrechtlern auf Kritik.
Acht weitere Angeklagte wurden zu jeweils 16 Jahren Gefängnis verurteilt, 18 weitere freigesprochen. Die Vorwürfe reichten von Ermunterung zu einer Straftat bis hin zu Mord.
Afghanistan: Frau wurde beschuldigt, den Koran verbrannt zu haben
Die 27-jährige Frau war am 19. März nahe einer Moschee in Afghanistans Hauptstadt von einer großen Menschenmenge zu Tode geprügelt worden. Ihre Leiche wurde anschließend in Brand gesteckt und in einen Fluss geworfen. Zuvor hatte ein Amulettverkäufer der Frau fälschlicherweise vorgeworfen, den Koran verbrannt zu haben. Nach Angaben der afghanischen Polizei und der Vereinten Nationen war sie vor ihrer Ermordung vier Jahre psychiatrisch behandelt worden.
Mehrere Polizisten sollen nicht eingegriffen haben. Insgesamt wurden 49 Menschen festgenommen, darunter 19 Polizisten. Die Urteile gegen die Polizisten wegen "Pflichtverletzung" sollen am Sonntag fallen.
Der Mord wurde im In- und Ausland scharf verurteilt. Angebliche und tatsächliche Koranverbrennungen hatten in Afghanistan in der Vergangenheit bereits mehrfach schwere Gewalttaten ausgelöst.
Der afghanische Präsident Aschraf Ghani sprach bald nach Bekanntwerden von einem "Akt extremer Gewalt" und wandte sich gegen Selbstjustiz. Er setzte eine Untersuchungskommission ein.
Ein Bruder des Opfers kritisierte das Urteil am Mittwoch. An dem Mord seien dutzende Menschen beteiligt gewesen, "aber das Gericht hat nur vier zum Tod verurteilt", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Es müssten "mehr Täter" zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zeigte sich angesichts der kurzen Prozessdauer "sehr besorgt". Einige der Angeklagten hätten offensichtlich keine Verteidiger an ihrer Seite gehabt, bemängelte sie.
Richter Modschaddidi gab an, bei den Urteilen müsse es sich nicht um eine "endgültige Entscheidung" handeln. "Sie haben das Recht zur Berufung", sagte er mit Blick auf die Verurteilten. afp/AZ
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