Mexiko will Schauspielerin Kate del Castillo zu El Chapo verhören
El Chapo ist gefasst - was wohl auch daran liegt, dass er in Kate del Castillo vernarrt war. Jetzt soll die Schauspielerin über ihre Verbindung zu dem Drogen-Boss aussagen.
Welche Verbindung zu El Chapo hatte die Schauspielerin Kate del Castillo? Das will die mexikanische Staatsanwaltschaft jetzt herausfinden. Daher soll Kate del Castillo jetzt zu El Chapo aussagen. Da die mexikanische Schauspielerin in den USA lebt, ist das auch dort im Konsulat möglich.
Kate del Castillo hatte El Chapo kurz vor seiner Festnahme an einem geheimen Ort besucht - zusammen mit Hollywoodstar Sean Penn, der ein Interview mit dem Drogenboss führte.
Zuvor sollen sich El Chapo und Kate del Castillo Briefe und SMS-Nachrichten geschickt haben. Laut Vertretern der Regierung war der Drogenboss geradezu vernarrt in die Schauspielerin. Es soll ein zwanghaftes Verlangen entwickelt haben, die 43-Jährige wiederzusehen. Auch das wurde ihm letztendlich wohl zum Verhängnis.
El Chapo soll Kate del Castillo sogar angeboten haben, dass er in ihre Tequila-Firma infestiert. Sie soll laut mexikanischer Regierung darauf geantwortet haben, dass das genial wäre. Auch dazu wird die Schauspielern befragt.
El Chapo war wohl in Schauspielerin Kate del Castillo vernarrt
Die Geschichte der Flucht - und der erneutem Verhaftung: Am 11. Juli 2015 war El Chapo aus dem Hochsicherheitsgefängnis Altiplano abgehauen. Von seiner Flucht zeigte eine Videokamera Bilder: Der mächtigste Drogenhändler der Welt steht angezogen in der Dusche. Er bückt sich, scheint sich am Boden mit irgendetwas zu beschäftigen.
Dann kehrt er zu seinem Bett zurück, setzt sich kurz hin, um seine Schuhe fester zu schnüren, geht wieder zur Dusche – und verschwindet. Einfach so. Eine unglaublich spektakuläre Flucht. Trotz höchster Sicherheitsstufe, trotz Überwachungskamera. Fortan gehörte der Mexikaner zu den meistgesuchten Verbrechern der Welt.
Nun ist "El Chapo" also gefasst. "Mission erfüllt. Wir haben ihn", schreibt der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto am Freitag auf dem Kurznachrichten-Dienst Twitter. Ein Sprecher des Präsidenten bestätigte die Mitteilung.
Die mexikanische Generalstaatsanwältin Arely Gómez schilderte nun Einzelheiten der Ermittlungen. Eine wichtige Spur seien Filmpläne des Drogenbosses gewesen. Guzmán habe sein Leben verfilmen wollen und sich dazu sogar schon mit Produzenten und Schauspielern getroffen. Ein erster Festnahmeversuch im Oktober sei gescheitert, weil Guzmán damals mit einem Mädchen als Geisel geflohen sei und die Beamten daher nicht das Feuer eröffnen wollten.
Seit Dezember überwachten die Ermittler dann das Haus nahe Los Mochis. Am Freitag kam es dort dann schließlich zu einem dramatischen Einsatz. Als die Soldaten das Gebäude stürmten, lieferten sie sich mit bewaffneten Männern nach Angaben der Staatsanwaltschaft einen Schusswechsel.
Guzmán und sein Sicherheitschef Orso Iván Gastelum seien zunächst über einen Abwasserkanal entkommen. Als sie an die Erdoberfläche kletterten und in ein Fluchtauto stiegen, wurden sie dann von den Soldaten gefasst.
Die Verhaftung verlief alles andere als reibungslos: Mindestens fünf Mitglieder des Kartells von Guzmán ums Leben, sechs wurden verhaftet. Auch ein Soldat starb.
Karl-Dieter Hoffmann hat vor einigen Monaten einen 18-seitigen Aufsatz über den Gefängnisausbruch und die Hintergründe geschrieben und kommt in einem Gespräch mit unserer Redaktion im vergangenen Jahr zu dem Schluss: Den Ausbruch von "El Chapo" als „Flucht des Jahrhunderts“ zu bezeichnen, wie das Medien getan haben, ist „alles andere als gewagt“. Einfach weil die Umstände so außergewöhnlich sind. Hoffmann ist Experte für Lateinamerika und beschäftigt sich seit Jahren mit dem Drogenkrieg in Mexiko und dessen Hauptfigur: Joaquín Guzmán.
Ständig neue Geschichten über El Chapo
Wer sich mit Hoffmann unterhält, taucht ein in eine Welt, in der sich Faszination mit bestialischer Gewalt paart, Hass mit Heldenverehrung und moderne Kriminalitätsbekämpfung mit staatlicher Korruption. Kein Wunder, dass der Experte damals am Ende des Gesprächs zu dem Urteil kommt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Chancen, ihn zu fassen, besonders groß sind.“
Nun wurde er aber doch gefasst. Dazwischen gab es ständig neue Geschichten über "El Chapo". Von dem Drogenboss selbst erzählte man sich in Lateinamerika jeden Tag etwas anderes. Er sei in Costa Rica gesehen worden, in Guatemala, im goldenen Drogendreieck im Norden Mexikos. Aber der Mann war ein halbes Jahr lang bis zu seiner Festnahme ein Phantom. Immer wieder entglitt er den Fängen seiner Häscher. Er legte falsche Spuren und besticht Fahnder, Richter und Gefängnisdirektoren.
Politikwissenschaftler Hoffmann sagte im Gespräch mit unserer Zeitung, Korruption ist die Geisel des mexikanischen Staates, dem „viele Menschen im Land keinen Glauben mehr schenken“. Ideale Rahmenbedingungen für Guzmán, um mit dem Sinaloa-Kartell ein weltumspannendes Drogen-Netzwerk aufzubauen. Die Vereinigten Staaten gehören zu den wichtigsten Absatzmärkten für Rauschgift. Deshalb hat die US-Justiz so großes Interesse an einer Auslieferung Guzmáns. Es klingt zynisch, aber: Der Mexikaner ist derart erfolgreich, dass er es mit einem geschätzten Vermögen von einer Milliarde US-Dollar sogar auf die Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt geschafft hat.
"El Chapo" 1993 das erste Mal festgenommen
1993 wird er erstmals festgenommen. Acht Jahre später bricht er aus dem Knast aus. Erst 2014 gelingt es, ihn in der Hafenstadt Mazatlán wieder zu schnappen – nach einer wochenlangen Hetzjagd, in der er immer wieder durch Tunnels und mithilfe geschickter Ablenkungsmanöver entkommen konnte.
Nur 17 Monate verbringt er in Haft. Dann gelingt ihm die neuerliche filmreife Flucht auf eine Art, die der Eichstätter Wissenschaftler „ein veritables technisches Meisterwerk“ nannte. In seinem Aufsatz beschreibt Hoffmann die Details. Das Drama beginnt drei Monate nach der Inhaftierung im angeblich sichersten Gefängnis des Landes. Ein Strohmann seines Kartells erwirbt in Sichtweite der Haftanstalt ein fünf Hektar großes Grundstück. Er zahlt in bar. In Windeseile und ohne Baugenehmigung wird ein Haus hochgezogen. Es gilt als Tarnung. Denn unter dem Haus beginnen Helfer mit dem Graben eines Tunnels: in zehn bis 15 Metern Tiefe, 1,5 Kilometer lang, 75 Zentimeter breit, 1,70 Meter hoch. "El Chapo" kann den Stollen aufrechten Ganges durchqueren.
Um das Erdreich schnell wegschaffen zu können, wird ein auf Schienen laufendes Lastengefährt eingesetzt, das wiederum von einem umgebauten Motorrad geschoben wird. Der Tunnel führt auf direktem Weg zu Guzmáns Zelle, genauer in dessen Duschecke. Dort verschwindet der Verbrecher an besagtem Julitag. Niemand will den Tunnelbau bemerkt haben. Hoffmann zitiert Berichte, wonach sich angeblich sogar mehrere Häftlinge aus Guzmáns Trakt in den Tagen vor der Flucht über Baulärm beschweren, das Gefängnispersonal aber nicht reagiert.
Die Jagd auf "El Chapo" ist beendet
Bezeichnend ist, dass sich auch niemand zu wundern scheint, dass der Mann irgendwann aus dem Blickfeld der Kamera verschwindet, aber nicht mehr auftaucht. Wer wusste also davon, wer hat sich womöglich bestechen lassen? Auch beim Tunnelbau, sagt Hoffmann, war Verrat im Spiel: „Es ist vollkommen undenkbar, dass die Initiatoren eine solche Präzisionsarbeit ohne die Kenntnis der detaillierten Baupläne der Haftanstalt hätten leisten können.“
Ein halbes Jahr ist nun vergangen. Die Jagd auf "El Chapo" - den größten Drogenboss der Welt - endet da, wo sie began: im Hochsicherheitsgefängnis Altiplano. mit axhe/dpa
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