Mode, stylisch und mit dem Islam vereinbar
Die Londoner Designerin Barjis Chohan entwirft elegante Kreationen, die mit tiefem Glauben harmonieren. Denn der Terror vom 11. September hat ihr Leben verändert.
Wenn Barjis Chohan durch London eilt, wirkt sie klein, unscheinbar, zerbrechlich in ihrem langen Mantel und dem lilafarbenen Kopftuch. Doch die 44-jährige Designerin ist erfolgreiche Geschäftsfrau auf einem Markt, der immer mehr aus seinem Nischendasein ausbricht. Die Britin entwirft gehobene Mode, so genannte High Fashion, für Frauen, die sich zurückhaltend kleiden wollen – ob aus religiösen Gründen, aus ästhetischen oder als Statement. Schmeichelnde Formen, farbenfrohe Stoffe, auffällige Muster: „Frauen lieben Mode, auch diejenigen, die ein Kopftuch tragen“, sagt Chohan.
Barjis Chohan arbeitete für Vivienne Westwood
Für die Tochter pakistanischer Einwanderer stand früh fest, dass sie einmal Ärztin werden würde. Dann entwarf sie mit 19 Jahren das Hochzeitskleid ihrer Schwester, erhielt viel Anerkennung und alles sollte anders kommen. Nachdem sie am Londoner Saint Martins College Kunst und Design studiert hatte, arbeitete sie erst für die legendäre Designerin Vivienne Westwood, dann für ein französisches Modehaus, für das sie schwarze, sexy Abendkleider entwarf. Es war Haute Couture, die sie jedoch selbst nie tragen würde. Die Sinnfrage stellte sich. „Ich habe zu dieser Zeit geheiratet und fing an, mich mehr mit meiner Religion auseinanderzusetzen“, sagt sie.
Mit 30 Jahren entschied sie sich, ein Kopftuch zu tragen. Nach den islamistischen Terroranschlägen am 11. September 2001 habe sich die jüngere Generation in Abgrenzung zu den Attacken zunehmend für ihre Religion interessiert, berichtet Chohan. Muslime im Westen versuchten, ihre Identität zu finden. Den westlichen Lebensstil führten sie fort. Beruflich machte sich Chohan als Designerin für Textilien und Einrichtung selbstständig, reiste um die Welt und verdiente gutes Geld.
Doch modische und trotzdem den religiösen Anforderungen angepasste Kleidung zu finden, stellte sich als Herausforderung dar. Deshalb kreierte sie ihre eigene Garderobe, mit dem Hintergedanken: Wenn ich mich quäle, dann geht es auch anderen muslimischen Frauen so. Die anvisierte Zielgruppe ihres Labels „Barjis“: betuchte Kundinnen in Dubai, Saudi-Arabien, Abu Dhabi. Die aber wollten Bling-Bling, keine minimalistische Mode. Chohan kehrte enttäuscht ins Königreich zurück. Nur um zu merken, dass sich ihr Markt in Europa befand: In Großbritannien. In Frankreich. In Deutschland. „Viele Frauen in westlichen Ländern mögen meine Entwürfe, weil für sie zurückhaltende Mode gleichbedeutend für elegant und klassisch steht“, erklärt die Mutter von drei Töchtern.
Gleichwohl trifft sie den Geschmack von Feministinnen genauso wie jenen von gläubigen Christinnen und Jüdinnen. Zudem besteht die Kundschaft aus Musliminnen, die im Westen als moderne, modebewusste Frauen aufgewachsen sind, aber lange keine Garderobe fanden, die stylish und mit dem Islam vereinbar war. Eine Lücke, die Barjis Chohan mit High-Fashion-Kreationen, die sich preislich zwischen umgerechnet gut 300 und knapp 700 Euro bewegen, füllt.
Wandel in der Modewelt
Sie präsentierte ihre Kollektion vor zwei Jahren auf der London Fashion Week, die im Moment die internationale Modeszene beherbergt. Dabei war der Sprung in die Industrie riskant, wie Chohan sagt. Denn sie bediene zwei Märkte, die beide mit Vorurteilen überladen sind. Manche westlichen, nicht-muslimischen Frauen sähen muslimische Frauen als unterdrückt an, erklärt sie. Dagegen betrachteten einige muslimische Frauen westliche als unfrei, weil sie ihrer Meinung nach oft Objekte darstellten.
Doch Chohan beobachtet einen Wandel in der Modewelt: Der westliche Markt durchlaufe eine Revolution weg von aufreizenden Kleidern hin zu einer konservativeren Garderobe. Demgegenüber wollten muslimische Frauen eher sexy aussehen. Am Ende sei subjektiv, was Zurückhaltung bedeutet. „Es geht um Selbstvertrauen“, sagt die Designerin. Und nichts anderes soll ihre Mode ausstrahlen.
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