Wer ist Britney Spears?
Die ehemalige Pop-Prinzessin ist zurück. Sex, Lügen, Videos: Wie ein öffentliches Leben zur geldwerten Tragikkomödie wurde.
Ist sie jetzt erwachsen? Nach all dem? Als Kleinkind schon Tanzunterricht, noch keine zehn und schon Kinderstar im US-Fernsehen – und dann, vor 18 Jahren, über Nacht zur neuen Pop-Prinzessin. „Hit Me Baby One More Time“ sang sie damals, es ging um Sex, sie war 16, ein hübsches Mädchen, das dabei so unbeschrieben wirkte, dass sie perfekt zur Projektionsfläche für Millionen und die nach neuen Stars gierende Branche taugte. Acht Jahre später aber wurde sie, längst Multimillionärin, auf Eilantrag ihrer Eltern entmündigt und als „Gefahr für sich und andere“ eingewiesen. Und gerade da lieferte sie mit „Blackout“ ihr musikalisch bestes Werk ab …
Britney Spears hat gerade ein neues Album veröffentlicht
Seitdem ist die Geschichte der Britney Spears auch eine Story über das Gleißen des Stars auf der Bühne und die nachtschwarze Kehrseite im Privatleben. Kein Wunder, dass der US-Sender Lifetime gerade an einer Verfilmung arbeitet. Und kein Wunder, dass die Sängerin nicht begeistert ist. Denn gerade hat sie ein neues Album veröffentlicht, ihr inzwischen neuntes, das auf eigene Art vielsagend „Glory“ heißt, „Ruhm“, und das die Projektionsfläche Britney wieder auf Hochglanz poliert. Hochprofessioneller Dance-Pop, stilistisch ziemlich vielseitig, inhaltlich sehr sexy: ein gutes Produkt. Es wirkt, als hätte es nie einen Bruch in dieser Karriere gegeben. Und könnte das nicht auch ein Widerhaken sein? Nach dem Motto: Hier habt ihr eure Kunstfigur Britney, alterslos, weil auf jugendlich getrimmt und geschminkt, und bei aller besungenen Lust in Interviews dem ewigen Sex fern wie damals, als die vermeintlich so Lüsterne sagte, sie wolle jungfräulich in die Ehe gehen.
Denn wer hier eigentlich auftritt, ist eine 34-jährige Mutter zweier Kinder, die den damaligen Zusammenbruch nach dem Scheitern ihrer Ehe samt Kahlkopfrasur und Drogenexzess wie das weitere Scheitern von Partnerschaften überlebt hat; die sich weiter als Popstar produzieren hat lassen; die seit Jahren eine so zuverlässig erfolgreiche Show in Las Vegas hat, dass ihr Vertrag bis Ende 2017 verlängert wurde; die durch weitere Alben gelernt hat, dass sie dann am erfolgreichsten ist, wenn sie sich gemäß der alten Projektionsfläche produzieren lässt, mädchenhaft zart und zugleich billig-willig; und die längst auch eines der liebsten Hohn- und Hämeopfer ist. So hießen bei den MTV-Awards am Wochenende die Heldinnen Beyoncé und Rihanna – und nicht Britney. Über die entlud sich der Spott unter „#britneygoodbye“.
Wer auch immer Frau Spears wirklich ist: Nach diesen 18 Jahren wünschte man ihr, sie hätte gelernt, sich nicht mit Britney zu verwechseln – und die Kunstfigur selbst zu verabschieden, wenn sie sie nicht mehr braucht. Aber wie viel deutet darauf hin? Sie postet Fotos von ihren Kindern auf Instagram, ist sehr persönlich und dabei anders als die Kunstfigur. Wie eine Schauspielerin eigentlich, aber eben eine, die nur eine Rolle kennt. Und damit bleibt sie doch auch immer jene, die sie eigentlich nie war. Nein, erwachsen wirkt das nicht. Und Widerhaken hat „Glory“ wohl auch keinen. Es ist bloß Kalkül. Schade.
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