Integration von Flüchtlingen: Wie wir aus alten Fehlern lernen können
Die Gastarbeiter der ersten Generation sind von Armut bedroht. Warum heutige Zuwanderer in Deutschland bessere Chancen haben und worauf es bei ihrer Integration ankommt.
Arm, aber optimistisch. Rund 16,4 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund leben in Deutschland. Von ihrer Herkunft, ihrer kulturellen Prägung und ihrem Bildungsniveau könnten sie unterschiedlicher kaum sein, es handelt sich um Gastarbeiter der ersten Generation, ihre Kinder und Enkel, um Spätaussiedler und ihre Nachfahren, um Zuwanderer aus der EU wie aus Drittstaaten, zudem um Flüchtlinge und Asylbewerber.
Obwohl sie im Durchschnitt geringer gebildet sind als die Deutschen, seltener einen Job haben, deutlich weniger verdienen, einen niedrigeren Lebensstandard haben und eher von Armut bedroht sind, sind sie deutlich zufriedener als die einheimische Bevölkerung. Sie blicken sogar optimistischer in die Zukunft. Das geht aus dem aktuellen Datenreport zum Thema „Migration und Integration“ hervor, den das Statistische Bundesamt Wiesbaden, die Bundeszentrale für politische Bildung, das Wissenschaftszentrum Berlin und das Sozio-oekonomische Panel am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung am Dienstag in Berlin vorstellten.
Entscheidend ist Bildung
Gerade weil Zuwanderer und ihre Kinder geringer gebildet sind und sich daher deutlich schwerer tun, einen qualifizierten Job zu finden, muss nach Ansicht der Autoren der Studie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt werden. „Bildung ist entscheidend für die Integration von Migranten.“ Je qualifizierter Menschen sind, umso seltener sind sie arbeitslos und umso seltener sind sie von Armut bedroht. Eindringlich mahnte Jutta Allmendinger, die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin, mit Blick auf den aktuellen Zustrom an Flüchtlingen, es dieses Mal „anders und richtiger“ zu machen als bisher: Denn die Gastarbeiter der ersten Generation, die kaum gebildet waren und nur schlecht Deutsch sprachen, habe man ihrem Schicksal überlassen.
Denn die Zahlen des Statistischen Bundesamtes, die in dem 480 Seiten umfassenden Report detailliert ausgebreitet werden, sprechen eine eindeutige Sprache. Nur 65 Prozent der 15- bis 64-jährigen Menschen mit Migrationshintergrund sind erwerbstätig, hingegen 76 Prozent der Einheimischen. Und während nur vier Prozent der Deutschen arbeitslos sind, sind es sieben Prozent der Migranten. Dies liegt vor allem daran, dass 35 Prozent der in Deutschland lebenden Zuwanderer keinen berufsqualifizierenden Abschluss haben, bei den Deutschen sind es lediglich neun Prozent. Bei den Personen aus den Gastarbeiter-Anwerbeländern hat sogar jeder Zweite keinen Abschluss.
Im Gegensatz dazu sind jene Zuwanderer, die zwischen 2000 und 2014 nach Deutschland kamen, sogar besser qualifiziert als die Deutschen, der Anteil der Abiturienten und Hochschulabsolventen ist überdurchschnittlich hoch.
"Höhere Bildung bedeutet bessere Chancen am Arbeitsmarkt"
Zum ersten Mal überhaupt nimmt der Datenreport die soziale und wirtschaftliche Lage der 4,1 Millionen Gastarbeiter unter die Lupe, die 50 Jahre und älter sind. Fast zwei Drittel von ihnen kamen ohne Abschluss nach Deutschland und mussten sich mit schlecht bezahlten Jobs begnügen. Nur noch 50 Prozent der 50- bis 64-Jährigen sind berufstätig, ein Viertel dieser Altersgruppe und sogar gut ein Drittel der über 65-Jährigen gelten als armutsgefährdet, im Gegensatz dazu müssen nur zwölf Prozent der deutschen Rentner mit Mini-Altersbezügen auskommen.
Etwas besser ist die soziale Lage der Spätaussiedler: Drei Viertel besitzen einen Berufsabschluss, drei Viertel der 50- bis 64-Jährigen gehen noch einer Erwerbstätigkeit nach. Gleichwohl ist auch bei ihnen die Armutsquote mit 18 Prozent überdurchschnittlich hoch. Mit Blick auf die Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak, Eritrea und Afghanistan, die im vergangenen Jahr nach Deutschland kamen, forderte Sibylle von Oppeln-Bronikowski vom Statistischen Bundesamt: „Investitionen in Bildung und Ausbildung lohnen sich. Höhere Bildung bedeutet bessere Chancen am Arbeitsmarkt, bessere Einkommen und geringeres Armutsrisiko.“ Und somit auch bessere Integration.
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