Putin erklärt die Welt
Ein Präsident hält Hof
„Wladimir Wladimirowitsch, wann heiraten Sie und wen?“, fragt ein russischer Journalist und gibt sein Mikrofon weg. Russlands Präsident lächelt, legt die Hände zusammen – und antwortet ausflüchtend. „Als anständiger Mensch werde ich das wohl irgendwann tun müssen.“ Es ist Putins bekannte Art, Fragen auszuweichen, selbst wenn diese Fragen vollkommen banal sind.
Einmal im Jahr hält der Herr im Kreml Hof bei Journalisten. „Unser jährliches Vorneujahrstreffen, nennen wir es Pressekonferenz“, wie er selbst die mediale Show in einem Moskauer Geschäftszentrum am gestrigen Mittag bezeichnet. Genau das ist die mehrstündige Veranstaltung: eine Als-Ob-Pressekonferenz, bei der die Fragen im Vorfeld eingereicht werden müssen, bei der der Pressesprecher des Präsidenten als Sidekick agiert, über den sich der Staatschef auch einmal öffentlich lustig machen darf. „Dima, du bist schuld, dass die Frau hier seit vier Jahren ihre Frage nicht loswird“, sagt Putin zu seinem Handlanger Dmitri Peskow. „Wir werden ihn bestrafen“, richtet er sich an die Journalistin. Satire ist es nicht.
Mehr als 1700 in- und ausländische Pressevertreter hatten sich in diesem Jahr angemeldet, mit teils aberwitzigen Plakaten machen sie auf ihren blauen Stühlen auf sich aufmerksam. „Ich suche das Glück“, steht da, „Ich komme aus der Zukunft“ oder auch „Ich gehe hier nicht weg, bis ich eine Frage stelle“. Putin nutzt die knapp vier Stunden, um seine Sicht auf die russische wie auch die internationale Politik mitzuteilen, die Journalisten sind die Stichwortgeber. Einen ukrainischen Journalisten kanzelt er erst ab, nennt ihn Unruhestifter, bis er später doch noch auf diesen zurückkommt und ihm das Wort erteilt. Putin ist aggressiv und gütig zugleich und reißt allerlei Themen an, die in den vergangenen zwölf Monaten eine Rolle gespielt haben: seien es russische Geheimdienste, russische Gaslieferungen oder auch russische Dopingmethoden. Es ist eine Art Selbstvergewisserung des Präsidenten.
Den Abzug von US-Truppen aus Syrien nennt er „eine korrekte Entscheidung“ und verweist darauf, dass die Amerikaner kein internationales Mandat in Syrien hätten. Die Beziehungen zur Ukraine würden sich in absehbarer Zeit kaum normalisieren. Denn in Kiew – wie übrigens auch in Europa und den USA – seien Russophobe am Werk. Mehrmals betont Putin, dass die „politisierte Russophobie“ ohnehin als Vorwand benutzt werde, um Russland, das als großer wirtschaftlicher und politischer Konkurrent gesehen werde, zu attackieren. „Wo der Stab derer sitzt, die die Weltherrschaft anstreben, wissen wir. Der befindet sich nicht in Moskau“, wettert er und wirft der gesamten westlichen Welt einen Hass gegenüber Russland vor, um sein Land kleinzuhalten.
Es sind die bekannten Sätze eines Staatschefs, der nach innen stets eloquent geschickt das Narrativ eines sich ständig von außen bedrohten Landes pflegt und so viele Herzen seines Volkes gewinnt.
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