Wer bekommt Asyl?
Bis entschieden ist, ob ein Flüchtling in Deutschland bleiben darf, vergehen im Schnitt acht Monate. Wie die CSU das ändern will und was die Partei der EU vorwirft.
Wenn sich die Bundestagsabgeordneten der CSU am Mittwoch zur Klausur in Wildbad Kreuth treffen, werden sie vor allem über eine Frage diskutieren: Wie soll Deutschland mit Asylbewerbern umgehen? Die Zahl der Menschen, die in unserem Land Zuflucht suchen, ist im vergangenen Jahr auf etwa 200.000 gestiegen. Dabei ist schon von vornherein klar, dass etwa die Hälfte der Asylanträge abgelehnt wird. Trotzdem dauert es im Schnitt fast acht Monate, bis solche Fälle rechtskräftig entschieden sind. Das will die CSU-Landesgruppe ändern. Sie fordert ein Schnellverfahren für Flüchtlinge.
Wer keinen Anspruch auf Asyl hat, weil er aus einem sicheren Herkunftsland kommt oder schon in einem anderen EU-Staat einen Antrag gestellt hat, müsse Deutschland „zügig wieder verlassen“, heißt es in einer CSU-Beschlussvorlage, die unserer Zeitung vorliegt. Im Klartext: Abgelehnte Asylbewerber sollen schneller abgeschoben werden als bisher. Das ist im Sinne des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann. Er sagte in einem Interview, zu einer konsequenten Flüchtlingspolitik gehöre es auch, jenen Menschen, „die missbräuchlich hier sind, zu sagen, dass sie nicht auf Dauer bleiben können“.
CSU-Papier bleibt vage
Die angestrebten Schnellverfahren sollen schon nach sechs Wochen abgeschlossen sein. Wie das funktionieren könnte, steht nicht in dem CSU-Papier. Dort ist nur die Rede von einem „Modellprojekt“, das die Erfahrungen anderer EU-Staaten und der Schweiz aufgreifen soll.
Hinter den Forderungen der Landesgruppe stehen zwei grundsätzliche Überlegungen: Zum einen sollen die Kapazitäten in Deutschland gezielter für die Aufnahme von Menschen genutzt werden, die von zu Hause geflohen sind, weil sie dort um ihr Leben fürchten mussten. „Wer wegen Krieg, Gewalt, politischer, rassistischer oder religiöser Verfolgung seine Heimat verlassen muss, verdient unsere Hilfe und bekommt sie auch“, heißt es ausdrücklich in dem Papier.
Streitfrage Schutzbedürftigkeit
Doch es gibt noch einen zweiten Aspekt: Die CSU befürchtet, dass in Deutschland die Akzeptanz für die Not der Flüchtlinge leidet, wenn ein Teil von ihnen das Recht auf Asyl auf Dauer missbraucht. „Die Hilfsbereitschaft ist beeindruckend und darf nicht aufs Spiel gesetzt werden“, warnt die CSU. Schon jetzt gebe es in der Bevölkerung Ängste und „diffuse Sorgen“. Die Bundestagsabgeordneten der Partei fordern deshalb, „künftig noch klarer zwischen wirklich Schutzbedürftigen, wie den Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak, und denen, die diese Schutzbedürftigkeit nur vorgeben, zu unterscheiden“.
Dass Bundesländer wie Thüringen oder Schleswig-Holstein im Winter möglichst gar niemanden abschieben wollen, hält die Landesgruppe für problematisch. Es sei nicht im Sinne des Rechtsstaates, konsequente Ausweisungen „gezielt zu unterlaufen“. Auch die Europäische Union tut nach Ansicht der CSU zu wenig, um geltendes Recht umzusetzen. Hintergrund: Immer wieder werden Vorwürfe laut, dass beispielsweise Afrikaner, die über das Mittelmeer nach Italien fliehen, direkt nach Deutschland weitergeschickt werden, obwohl sie nach Gesetzeslage in dem EU-Land registriert werden müssen, in dem sie ankommen. „Mehrere Mitgliedstaaten ignorieren seit längerem die entsprechenden europarechtlichen Vorgaben“, bemängelt die CSU. Sollte sich daran nichts ändern, plädiert die Partei für die befristete Wiedereinführung von Grenzkontrollen. Das Schengen-Abkommen, in dem sich einige EU-Mitgliedstaaten darauf geeinigt haben, die Kontrollen an ihren gemeinsamen Grenzen abzuschaffen, räumt diese Möglichkeit grundsätzlich ein.
Entwicklungsminister Müller fordert eine Milliarde Euro EU-Gelder
In ihrer Beschlussvorlage für die Klausur in Kreuth unterstützt die Landesgruppe ausdrücklich auch einen Vorschlag von Entwicklungsminister Gerd Müller. Der Allgäuer CSU-Politiker fordert einen EU-Sonderbeauftragten und die schnelle Bereitstellung einer Milliarde Euro aus bestehenden EU-Töpfen, um in den Krisenregionen, aus denen die meisten Flüchtlinge kommen, Soforthilfe vor Ort zu leisten.
Dazu gehört es auch, den Menschen neue Perspektiven in ihrer Heimat zu eröffnen. Der stellvertretende Chef der Unions-Fraktion, Georg Nüßlein, warnt in diesem Zusammenhang davor, die Asyldebatte mit der Frage der Zuwanderung zu vermischen. „Es wäre katastrophal, wenn wir diesen Ländern für den späteren Wiederaufbau die Eliten wegnehmen“, sagte der Neu-Ulmer CSU-Abgeordnete im Gespräch mit unserer Zeitung.
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