Mit Händen und Füßen
Die Sportart kämpft um die dauerhafte Aufnahme ins olympische Programm. Aber wie soll das gelingen?
München wird am heutigen Samstag zum Zentrum des Karatesports. Beim World Karate Day werden über 1000 Aktive aus ganz Deutschland erwartet – unter anderem zum gemeinsamen Training. Was ist die Idee dahinter?
Roland Lowinger: Der World Karate Day soll die Aufnahme der Sportart in das olympische Programm 2020 würdigen und für eine dauerhafte Zugehörigkeit in der olympischen Familie werben. Das feiern wir in München mit diesem Tag. Ein großes Thema ist die Präsentation von Karate als paralympischer Sport, außerdem gibt es einen Showkampf der deutschen Nationalmannschaft gegen eine Auswahl amtierender Weltmeister. Regionale, nationale und internationale Karatemeister sowie Weltmeister leiten Übungseinheiten auf einer Trainingsfläche von etwa 1200 Quadratmeter. Das sind neue Dimensionen für den Karatesport in Deutschland.
2020 in Tokio ist Karate vorübergehend olympisch. Wie wichtig wäre eine dauerhafte Aufnahme?
Lowinger: Sehr wichtig. Zum olympischen Programm zu gehören, ist die Krönung für jede Sporart. Davon hängt schließlich auch die Höhe der Fördermittel ab, die der nationale Verband bekommt. Bei uns in Deutschland sind das über 600000 Euro im Jahr. Diese zu beantragen, ist allerdings ein aufwendiges Unterfangen.
Wie ist Deutschland im internationalen Vergleich aufgestellt?
Lowinger: Weltweit betreiben etwa 50 Millionen Menschen Karate, bei uns in Deutschland sind es über 160000.
Und können die Besten dieser Sportler an der Weltspitze mithalten? Sind denn tatsächlich olympische Medaillen in drei Jahren bei den Spielen in Tokio möglich?
Lowinger: Ja, es gibt zwei, drei Sportler, die durchaus in der Lage sind, bei den Olympischen Spielen um die Medaillen mitzukämpfen. Generell zählen aber Frankreich, Großbritannien oder auch Ägypten und Japan zu den stärksten Nationen der Welt.
Was läuft in diesen Ländern anders als in Deutschland?
Lowinger: In erster Linie die Förderung. Da reden wir von Millionenbeträgen, die Verbände agieren von riesigen Bürokomplexen aus, Medaillengewinner werden anders wahrgenommen und wertgeschätzt. Und es ist auch eine Frage der Mentalität. Die modernen Trainingsstätten haben wir in Deutschland schließlich auch...
Es liegt also auch beim Karate am Nachwuchs, dem der nötige Biss fehlt?
Lowinger: Unter anderem, ja. Die Einflüsse hierzulande sind so mannigfaltig, die Kinder und Jugendlichen haben so viele Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen. Man weiß halt nie, wie lange die Euphorie anhält. Ich sag’s mal so: Wenn der Jäger den Hund zur Jagd tragen muss, gibt das noch lange keinen Jagdhund (lacht).
Über diese Probleme klagen andere Sportarten ja auch. Wie schwer ist es tatsächlich, den Nachwuchs für den Karatesport zu begeistern?
Lowinger: Es gibt im Kampfsportbereich so viele neue Trends. Aber, dass wir uns nicht falsch verstehen: Der Deutsche Karate-Verband leistet wahnsinnig gute Jugendarbeit. Es gehört allerdings mehr dazu. Dass die Mädchen und Buben so viel Zeit für die Schule investieren müssen, teilweise erst um 17 Uhr abends nach Hause kommen, können wir nicht beeinflussen.
Jetzt haben wir viel über den Leistungssport gesprochen. Sie selbst sind 68 Jahre und immer noch aktiv. Karate hält scheinbar jung.
Lowinger: Das stimmt. Es gibt nicht viele Sportarten, die ein Fünfjähriger genauso ausüben kann wie ein 80-Jähriger. Das ist das Tolle am Karate. Auch wenn der Senior den Fuß natürlich nicht mehr bis zur Decke bringt. Da zählen andere Leistungen. Mein Einsatz beim World Karate Day in München bezieht sich übrigens genau auf diese Zielgruppe. Ich werde den Wettkampf für Ältere präsentieren.
Interview: Stephan Schöttl
findet am heutigen Samstag in der Münchner Werner von Linde Halle statt.
I www.world-karate-day.com
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