Tiernahrung: Nur das Beste für den besten Freund
Futter in Bio-Qualität, ohne Lactose oder Gluten – für Hund und Katze ist die Auswahl bald so groß wie für ihre Besitzer. Die Deutschen lassen sich das viel kosten.
Beim Essen ist Sammy wählerisch. Mit seinen 16 Jahren weiß der Kater ganz genau, was ihm schmeckt und was nicht. Trockenfutter verschmäht er, auch mit den Menüs von Whiskas, Felix oder Kitekat kann ihn seine Besitzerin Jennifer Poszteiner nicht locken. „Ich habe viel ausprobiert, sogar selbst gekocht, bis ich nun endlich ein Futter gefunden habe, das Sammy frisst“, erzählt Poszteiner. Dieses Glück lässt sich die Augsburgerin gerne etwas kosten. Über vier Milliarden Euro gaben die Deutschen 2013 für Tierfutter und Zubehör aus, mehr als eine halbe Milliarde mehr als für neue Schuhe und Kleidung. Branchenprimus Fressnapf knackte im vergangenen Jahr in Deutschland erstmals die Umsatzmarke von einer Milliarde Euro.
Der Hunde- und Katzenmarkt wächst jährlich
Der größte Anteil der Ausgaben für Tiernahrung entfällt auf Hund und Katze. Auch Jennifer Poszteiner schaut beim Futter nicht aufs Geld. Allein für die Gourmet-Schälchen, die ihr Feinschmecker verspeist, zahlt sie monatlich rund 40 Euro. „Sammy bekommt alles, was nötig ist, im Zweifel auch teures Spezialfutter“, sagt die junge Frau.
Diese Entwicklung registriert die Tiernahrungsbranche seit längerem. „Der Hunde- und Katzenmarkt wächst jährlich um zwei bis drei Prozent“, sagt Georg Müller, Vorsitzender des Industrieverbands Heimtierbedarf (IVH). Dazu tragen auch Discounter wie Fressnapf und Futterhaus bei. Deren XXL-Märkte eröffnen den Herstellern neue Möglichkeiten, um den Kunden ein breiteres Sortiment zu präsentieren. Daneben beobachtet Müller eine „Premisierung“ des Markts. Spezialangebote und solche mit einem Mehrwert gewinnen an Gewicht. Den Hund wie früher durchaus üblich mit Essensresten vom Tisch füttern? Heute geradezu unvorstellbar.
Hausmannskost für Haustiere? Bitte schön, auch das gibt’s
Das alles zeigt sich beim Einkauf. In den Fachmärkten und Discountern steht der Tierfreund vor langen Reihen mit Futtertüten in allen Farben und Formen. Das Angebot reicht vom preisgünstigen Mischfutter der Hausmarke bis hin zum Premiummenü in Bio-Qualität. „Hausmannskost für Hunde“ kommt im edlen Design und ohne Aromastoffe daher, die anspruchsvolle Katze darf sich auf ein Abendessen „in Lebensmittelqualität“ freuen. Für empfindliche Allergiker-Mägen ist das Nassfutter frei von Gluten oder Laktose erhältlich.
Die Vielfalt zeigt auch, wie sehr Heimtiere in ihrem Status gestiegen sind. „Der Kontakt zum Menschen wird enger“, sagt Tierarzt Martin Wenger aus Augsburg. „Haustiere sind heute für viele Sozialpartner, für die man auch bei der Ernährung alles richtig machen will.“ So wie viele Verbraucher darauf achten, sich selbst gut zu ernähren, sollen auch ihre Lieblinge nur das Beste bekommen. Das hat die Lebenserwartung der Tiere deutlich erhöht. Kein Wunder, dass die Tiernahrungshersteller nach Angaben der Verbände besonders bei altersgerechtem Futter und Light-Produkten ein Plus verzeichnen. Doch der Zivilisierungsprozess hat auch seine Tücken. Die Nähe zum Menschen und vermehrte Umwelteinflüsse wie Heizungsluft machen sich vor allem bei Hunden bemerkbar. „Gerade Futtermittelallergien sind ein Thema“, sagt der Präsident des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF), Norbert Holthenrich.
Auch darauf hat die Branche reagiert, mit Futtermischungen, die Kartoffeln statt Getreide enthalten zum Beispiel. Andere Anbieter setzen bei Tiernahrung auf den Bio-Trend. „defu“ vertreibt etwa Hunde- und Katzenfutter „vom Bio-Bauern“ in Demeter-Qualität. Auch große Hersteller wie Branchenführer Fressnapf springen mit Eigenmarken auf den Zug auf. Beim Hundefutter macht Bio einen Marktanteil von rund acht Prozent aus, schätzt ZZF-Präsident Holthenrich. Auf der Fachmesse Interzoo in Nürnberg wird dem Bereich 2014 eine Sonderfläche vorbehalten sein. Dennoch werden Bioprodukte eine Nische bleiben, meint der IVH-Vorsitzende Müller. Er sieht schlicht zu wenig geeignete Rohstoffe auf dem Markt, um neben der menschlichen auch noch die tierische Nachfrage nach Bio zu stillen.
Tiernahrung online selbst zusammenstellen
Andere Hersteller setzen ganz auf Individualität, um sich künftig in der Branche zu behaupten: Vergleichbar mit Angeboten wie „MyMuesli“ können sich Hunde- und Katzenbesitzer etwa bei der Firma Wildsterne aus München ihre ganz spezielle Futtermischung in einem Online-Portal aus verschiedenen Komponenten selbst zusammenstellen und nach Hause liefern lassen.
Durch das breite Angebot kann der Tiernahrungsmarkt heute auf viele Spezialbedürfnisse eingehen. Doch IVH-Präsident Müller gibt auch zu bedenken: „Ohne erhebliche Vorbildung wird der Verbraucher von der Vielfalt des Angebots leicht überfordert. Gute Beratung ist nötig.“ Im eigenen Familienunternehmen Interquell (Happy Dog, Happy Cat) in Wehringen bei Augsburg setzt er gegen die mächtige US-Konkurrenz wie Mars, Nestlé und Hills auf starke Markenbildung.
Für Tierbesitzer wie Jennifer Poszteiner bleibt wohl ein Kriterium ausschlaggebend dafür, welches Futter auf den (Katzen-)Tisch kommt: „Ich muss vor allem darauf achten, was Sammy schmeckt.“
Die Diskussion ist geschlossen.