Urteil zu gekündigten Bauspar-Altverträgen steht bevor
Bausparer freuen sich über ältere Verträge, die noch Zinsen abwerfen. Anders die Bausparkassen: Sie haben massenhaft Kunden gekündigt. Ob zu Recht, entscheidet sich am Dienstag.
Zur umstrittenen Kündigung gut verzinster älterer Bausparverträge durch die Bausparkassen will der Bundesgerichtshof (BGH) noch am Dienstag sein Urteil sprechen. Der Ausgang ist völlig offen, eine Tendenz ließ der Senat nicht erkennen.
Bauspar-Verfahren hängen von Urteil ab
Der Richterspruch entscheidet zwei Prozesse, die die Bausparkasse Wüstenrot mit gekündigten Kundinnen führt. Weil die obersten Zivilrichter die Linie für die gesamte deutsche Rechtsprechung vorgeben, ist das Urteil aber von größerer Bedeutung. Beim BGH sind laut Ellenberger derzeit mehr als 100 Bauspar-Verfahren anhängig.
Denn die Institute haben ihren Kunden seit 2015 schätzungsweise 250.000 unvollständig besparte Verträge gekündigt, die für heutige Verhältnisse ungewöhnlich hohe Zinsen abwerfen. Viele Bausparer nehmen ihr Darlehen deshalb nicht in Anspruch und lassen den Vertrag möglichst lange als reine Sparanlage laufen. In Karlsruhe klärt sich nun, ob die Kassen das trotz der finanziellen Belastung hinnehmen müssen oder ob sie zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündigen dürfen.
Je nachdem, wie der Senat entscheidet, müssten unter Umständen zahlreiche Kündigungen rückabgewickelt werden. Voraussetzung dafür wäre aber, dass der Bausparer das Geld wieder einzahlen kann, es also noch nicht ausgegeben oder in eine andere Anlageform gesteckt hat.
Niedrigzinsphase hält an
Hintergrund ist die anhaltende Niedrigzinsphase, in der Sparer kaum mehr rentable Anlageformen finden. Gleichzeitig sind Baukredite zu günstigen Konditionen leicht zu bekommen. Das höhlt das klassische Bauspar-Modell aus. Denn auf dessen Hauptvorteil, ein sicheres Darlehen zu verlässlichen Konditionen, ist kaum jemand angewiesen.
Den Bausparkassen fällt außerdem auf die Füße, dass sie die Zinsen in der Sparphase vor Jahren auf nahezu unbegrenzte Zeit festgeschrieben haben. Heute gibt es solche Zinssätze so gut wie nirgendwo mehr.
Ellenberger sagte lediglich, dass es entscheidend darauf ankommen werde, welchen Zweck ein Bausparvertrag habe. Aus Sicht der Institute geht es vorrangig darum, durch regelmäßige Einzahlungen den Anspruch auf ein günstiges Darlehen zu erwerben. "Ein Bausparvertrag ist kein normaler Sparvertrag", trug für Wüstenrot BGH-Anwalt Reiner Hall vor.
Für die Bausparer verwies BGH-Anwalt Peter Wassermann darauf, dass es hier um langjährige Verträge gehe. Beim Abschluss wisse niemand, ob er das Darlehen in der Zukunft tatsächlich gebrauchen könne. Den Kassen hätte klar sein müssen, dass sich die Verhältnisse ändern können. "Dass jetzt eine Niedrigzinsphase eingetreten ist, darf nicht zulasten der Kunden gehen", sagte er. dpa
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