Von verrauchten Wagen bis zur Sitzsteckdose - Der ICE wird 25
Die Jungfernfahrt des ICE ist 25 Jahre her. Ingenieure, Vielfahrer und Fahrgastverband haben je einen eigenen Blick auf das Flaggschiff der Bahn. Bewunderung lösen die Züge nicht mehr bei jedem Halt aus.
Als die ersten ICE auf Deutschlands Schienen unterwegs waren, durfte in den Zügen noch geraucht werden. Und wer telefonieren wollte, musste eigens einen Konferenz-Raum mit Fax und Telefon buchen. Seit der ersten planmäßigen ICE-Fahrt am 2. Juni 1991 ist ein Vierteljahrhundert vergangen. Die nächste Generation steht kurz vor der Zulassung: der ICE 4. Von einst 25 Zügen ist die Flotte auf 271 gewachsen und hat 1,8 Milliarden Kilometer zurückgelegt. Rund 216 000 Menschen sind pro Tag im ICE unterwegs. Manche haben eine ganz eigene Beziehung zu den Zügen - zum Beispiel diese fünf Personen:
Der INGENIEUR
Peter Lankes war an der Entwicklung fast aller ICE-Generationen beteiligt. An vielen Stellen tragen die Züge seine Handschrift. Er setzte sich zum Beispiel dafür ein, dass der ICE 1 mit elektronischen Anzeigen ausgestattet wurde. "Das war der erste Zug in Europa, in dem es im Führerraum Displays gab - das war durchaus umstritten!", sagt der heute 65-Jährige. Es sei auch seinem Drängen zu verdanken, dass die Bahn sich beim ICE von den klassischen Lokomotiven verabschiedete und den Antrieb auf mehrere Wagen verteilte. Der Höhepunkt seiner Karriere sei die erste ICE-Fahrt nach Paris im Jahr 2007 gewesen, der Tiefpunkt das Zugunglück in Eschede 1998 mit 101 Toten. Noch heute hege er väterliche Gefühle für die ICE-Familie - besonders für den ICE 1: "Das ist wie das erste Kind, das man hat."
Der ZUGCHEF
Dirk Becker hat ein paar Monate nach der Jungfernfahrt begonnen, in ICE-Zügen Tickets zu kontrollieren und Ansagen zu machen. "Früher haben die Leute noch geschaut, wenn man in den Bahnhof eingefahren ist - "oh wow, ein ICE!'", erzählt der heute 45-Jährige. Von Bewunderung sei heute nichts mehr zu spüren. Seine Arbeit sei aber leichter als am Anfang: "Wenn der Zug richtig voll war, haben wir 500 Reservierungskarten gesteckt", erzählt Becker. Heute reiche ein Klick und alle Reservierungen erschienen auf den Displays. Auch die 25-Kilo-Tasche mit Plänen und Preistabellen, die er vor dem Internetzeitalter durch den Zug zog, vermisst er nicht. Dass es einmal an jedem Platz eine Steckdose geben würde, sei zu Beginn seiner Laufbahn nicht abzusehen gewesen.
Der AUSBILDER und LOKFÜHRER
Christof Grösch hat schon 3500 Menschen zu "Eisenbahnfahrzugführern" ausgebildet. Am Simulator bereitet er sie seit 1996 auf brenzlige Situationen vor, zum Beispiel auf Hindernisse auf den Gleisen. Am Fahren selbst habe sich über die verschiedenen ICE-Generationen nicht viel geändert. In neueren Versionen dürften die Lokführer nicht mehr essen - schließlich können die Zugreisenden durch eine Glaswand den Führerstand beobachten.
Der Sprecher des FAHRGASTVERBANDS
Karl-Peter Naumann sagt, die Einführung des ICE 1991 sei ein überfälliger Schritt gewesen: "Japan und Frankreich hatten das damals ja schon längst vorgemacht." Die Hochgeschwindigkeitsära habe in Deutschland auch wegen der fehlenden ausgebauten Strecken lange auf sich warten lassen. Noch heute wechselten sich Hochgeschwindigkeitstrassen und nicht ausgebaute Strecken ab. "Wir brauchen ein Gesamtkonzept", fordert Naumann. Am ICE 4 bemängelt er die engere Bauweise - und dass die Züge über verhältnismäßig wenige Toiletten verfügten.
Der VIELFAHRER
Damian Schwichtenberg ist zwar erst 17, aber mit seiner Bahncard 100 nach eigenen Angaben nahezu täglich im ICE unterwegs. "Es ist wesentlich entspannter als auf der Straße", sagt der Auszubildende. "Man hat Zeit, man kann die Leute beobachten." Er fahre meistens zu Freunden - auch in weit entfernte Städte und für nur einen Abend. Ihn stören unter anderem zu kurze Umsteigezeiten und verkehrt gereihte Wagen. Sein Tipp an weniger "geübte" Fahrer: ganz vorne oder ganz hinten einsteigen, Freitage und Sonntage meiden.
Von Violetta Kuhn, dpa
Die Diskussion ist geschlossen.