Können Tiere eigentlich lachen?
Was im ersten Moment nach einer banalen Frage klingt, hat es aus wissenschaftlicher Sicht in sich. Denn im Tierreich lässt sich einiges als Lachen interpretieren.
Kürzlich stellte Hannah, die zwölfjährige Tochter einer Freundin, verblüffende Überlegungen an. Allen Ernstes dachte sie darüber nach, ob Tiere eigentlich lachen können. Auf diese einigermaßen verrückte Idee war sie gekommen, weil sie mehrmals bei ihrem Kater Tigger einen Gesichtsausdruck beobachtet hatte, der sie an ein grinsendes Gesicht erinnerte. Tigger zeigte dieses Grinsegesicht ausgerecht immer dann, wenn Hannah ihn am Bauch kraulte.
Vor wenigen Tagen erhärtete sich ihr Verdacht: Bei einem Besuch im Reitstall sah Hannah auf der Wiese ein Pferd, das bis über beide Ohren zu lachen schien. So auf das Thema fokussiert, entdeckte sie am Wochenende schließlich noch ein lachendes Gesicht bei einem Hund, der seine Mundwinkel weit nach hinten zog.
Besitzer von Haustieren kennen es
Lachende Tiere? So etwas gibt es nicht. „Lachen ist uns Menschen vorbehalten“, antwortete ich Hannah, als sie Genaueres darüber wissen wollte. Doch je mehr Zeit nach meiner Antwort verstrich, desto unsicherer wurde ich. Mir fiel Jaak Panksepp ein, ein im April verstorbener estnisch-amerikanischer Neurowissenschafter, der berühmt wurde, weil er 1969 zum ersten Mal Ratten kitzelte und dabei feststellen musste, dass die Tiere beim Kitzeln spezielle Laute von sich gaben. Vor zwei Jahren hatte ich das Glück, persönlich mit Panksepp über seine Forschungen sprechen zu können. Er erläuterte detailliert, wie signifikant die Ergebnisse seiner Studien über die glucksende Vokalisation der gekitzelten Ratten gewesen seien. Und er betonte, dass es heute etliche weitere Hinweise darauf gebe, dass Tiere sich vergnügen können.
Wer ein Haustier hält, zweifelt an dieser These keine Sekunde. Jeder kennt seinen Hund mit guter Laune und weniger fröhlich gestimmt. Besitzern von Katzen oder Pferden ist vergnügliche Stimmung beim Tier ebenfalls nicht fremd. Sogar in freier Wildbahn gibt es Tiere, die Possen treiben und zu Schabernack aufgelegt sind. Man denke nur an Krähen, die glatte Dächer hinunterrutschen, sich unten schütteln, hinaufflattern und erneut rutschen. Nur aus Spaß. Oder an Keas, jene neuseeländischen Papageien, die für ihre Experimentierlust so berühmt sind. Raoul Schwing, Wissenschafter am Messerli-Institut in Wien, hat Laute dieser Vögel aufgezeichnet. Einen Laut gibt es, bei dem die Keas sofort zu hüpfen und zu flattern beginnen. Als sollte das heißen: „Los, lass uns spielen!“
Seriös kann man die Frage nicht beantworten
Theoretisch könnte dieser Laut ein Lachen sein, das die Artgenossen zu lustigen Aktionen animiert. Und bei Schimpansen gibt es einen Gesichtsausdruck, das sogenannte Open-Mouth-Face, mit dem sie Artgenossen zum Spielen motivieren. Auch das lässt sich als Lachen interpretieren.
Mit den Grinsegesichtern unserer Haustiere hat all das wenig zu tun. Pferde zeigen es, wenn sie interessante Gerüche wahrnehmen. Katzen und Hunde ziehen die Mundwinkel zurück, weil sie verstärkt atmen, ihnen heiß ist oder sie durstig sind. Auch Hannahs Tigger suchte Abkühlung. Die Sache mit dem Bauchkraulen war wohl Zufall. Hannahs Frage nach den lachenden Tieren jedenfalls bleibt spannend. Es wird noch dauern, bis wir sie seriös beantworten können.
Zur Autorin: Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenschaft für die Tiermedizin mit dem Spaß am Schreiben.
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