Krake hungert sich für Nachwuchs zu Tode
Forscher sind auf ein Extrembeispiel von Mutterliebe gestoßen. Viereinhalb Jahre hat ein Krakenweibchen in der Tiefsee ausgeharrt, um ihre Eier bis zum Schlüpfen zu betreuen.
Ein Krake in der Tiefsee hat Wissenschaftler überrascht. Die Forscher hatten den Oktopus im Frühjahr 2007 mit einem ferngesteuerten Tauchroboter in einer Meerestiefe von 1400 Metern entdeckt und dann über Jahre hinweg beobachtet. Das Ergebnis: Das Krakenweibchen hat viereinhalb Jahre lang in Dauerdunkel und Kälte der Tiefsee ausgeharrt, um seine Eier bis zum Schlüpfen zu betreuen.
Krake wurde während Brutzeit dünner und bleicher
Wie die Wissenschaftler um Bruce Robison vom Monterey Bay Forschungsinstitut (MBARI) in der Fachzeitschrift "PLOS ONE" berichten, sei eine ähnlich lange Brutzeit von keinem anderen Tier bekannt. In diese unglaublich langen Brutzeit in der Tiefsee würde das Krakenweibchen immer dünner und bleicher. Generell bleiben Kraken bei ihrem Gelege und fressen während der Brutphase kaum noch etwas.
Nachdem die Forscher den Kraken 2007 entdeckt hatten, war einen Monat später beim nächsten Tauchgang vor der kalifornischen Küste das Weibchen immer noch da und bewachte seinen Klumpen mit olivengroßen Eiern.
Oktopus fraß offenbar viereinhalb Jahre nichts
Dies blieb bei insgesamt 18 Tauchgängen binnen viereinhalb Jahren so. Die durchsichtigen Eier wurden zusehends größer, im Inneren ließen sich heranwachsende Oktopusse erkennen. Das brütende Weibchen war an charakteristischen Narben stets als dasselbe zu erkennen. Das Tier wurde zusehends dünner und bleicher, vom Gelege entfernte es sich nie. Selbst wenn ein Krebs ganz nah an ihm vorbei schwamm oder krabbelte, interessierte es sich offenbar nicht für die leichte Beute.
Während der gesamten viereinhalb Jahre hatten die Forscher das Tier niemals beim Fressen beobachtet. Auch Flachwasser-Kraken fressen üblicherweise nicht, während sie ihre Eier bebrüten, und sterben nach dem Schlüpfen der Jungtiere. Die bislang längste bekannte Brutzeit eines Kraken lag bei 14 Monaten.
Krake fächelte Eiern Frischwasser zu
Stattdessen fächelte das Weibchen seinen Eiern immer wieder frisches Wasser zu und vertrieb potenzielle Feinde. Zuletzt war es im September 2011 zu sehen, im Monat darauf war es verschwunden - und vermutlich längst tot. Anhand der leeren Eikapseln schlossen die Forscher auf etwa 160 geschlüpfte Jungkraken.
Noch nie hatten Forscher ein Tier beobachtet, dass seine Eier so lange bebrütet, schreiben Robison und seine Kollegen. Die ausgedehnte Brutperiode komme wahrscheinlich durch zwei Faktoren zustande: Die niedrige Temperatur in der Tiefsee verlangsame die Entwicklung der Eier. Zudem hätten Jungtiere bessere Überlebenschancen, wenn sie beim Schlüpfen bereits weit entwickelt seien.
Mit einer Brutdauer von mehr als vier Jahren übertrifft Graneledone boreopacifica die übliche Lebensdauer der meisten sogenannten Kopffüßer, zu denen auch die Kraken gehören. Das Beispiel zeige, wie wenig über die Lebewesen der Tiefsee bekannt sei, ergänzen die Forscher. dpa/AZ
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