Allgäuer Paraglider erlebt einen Albtraum - und hat Riesenglück
400 Meter über dem Boden öffnet sich bei einem Paraglider plötzlich der Notschirm. Es geht rasend schnell bergab, sechs Meter pro Sekunde. Ein Albtraum.
Plötzlich geht alles ganz schnell: Mit einer Sinkgeschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde sieht David Hiemer aus dem Oberallgäuer Sulzberg die Bäume auf sich zukommen. Das war vor einer Woche. Der 24-Jährige ist mit seinem Gleitschirm lautlos über den Oberallgäuer Bergen bei Bad Hindelang geschwebt, als sich aus unbekanntem Grund plötzlich der Notschirm öffnet. Zu diesem Zeitpunkt befindet er sich 400 Meter über dem Boden.
„Eigentlich wusste ich ja, was da auf mich zukommt“, schildert der Oberallgäuer auf die Frage, was ihm in diesem Moment durch den Kopf ging. Denn zum Sicherheitstraining bei der Gleitschirmpiloten-Ausbildung gehört der Umgang mit dem Notschirm. Das Landen mit diesem Rundkappen-Schirm sei vergleichbar mit einem Sprung aus drei Metern Höhe auf einen Betonboden. „Da kann man sich die Füße brechen, aber lebensgefährliche Verletzungen sind eher unwahrscheinlich“, berichtet der 24-jährige Industriemeister.
Meist schleppt Hiemer seinen Schirm selbst auf den Berg
Hiemer hat großes Glück. Nach dem Sinkflug landet er in einer großen Fichte, in der sich dann auch sein Gleitschirm verheddert. Die Aufprallgeschwindigkeit liegt nach Berechnung eines Profis bei 22 Kilometern pro Stunde. Hiemer bleibt unverletzt, kann sich sogar selbst aus seiner misslichen Situation befreien. Was ihm aber leid tut: Sein niegelnagelneuer Gleitschirm hat jetzt einen Riss und muss repariert werden. Den Schaden beziffert Hiemer auf 600 Euro.
Der 24-Jährige ist ein erfahrener Gleitschirmflieger. Erst vor drei Wochen war er auf einem über 100 Kilometer langen Streckenflug über dem ganzen Allgäu und den Lechtaler Alpen insgesamt fünf Stunden lang unterwegs. Seit fünf Jahren fliegt Hiemer und meist schleppt er seinen Schirm selbst auf den Berg.
Warum öffnete sich der Notschirm?
Auch am Unglückstag ist der Sulzberger nicht mit der Seilbahn auf den Berg gefahren, sondern hat seinen Schirm im Rucksack hinaufgetragen. Bei einem längeren Streckenflug vom Spieser zum Breitenberg ist er zwischendurch gelandet und hat eine Etappe an einem Grat in leichter Kletterei zurückgelegt. Dabei trägt er das Gurtzeug, an dem sich eine verschlossene Tasche mit dem Rettungsschirm befindet. Möglicherweise hat sich durch Kontakt zum Fels diese Tasche geöffnet, vermutet Hiemer: „Anders kann ich mir nicht erklären, dass sich der Notschirm öffnete.“
In Deutschland und Österreich müssen Gleitschirmflieger und Hängegleiterpiloten einen Rettungsfallschirm bei Flügen oberhalb von 50 Metern über Grund mitführen. Beim Gleitschirm wird der Rettungsfallschirm vor dem Piloten oder seitlich in einem speziellen Behälter am Gurtzeug angebracht. Alternativ kann er unter der Sitzfläche oder im Rückenteil des Gurtzeugs gelagert werden.
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