Familie vor Feuer gerettet - steckt Serientäter hinter dem Brand?
Bei einem Wohnhausbrand in Kempten hat die Feuerwehr eine Familie über die Drehleiter gerettet. Es drohte sogar eine Gas-Explosion. Steckt ein Serientäter dahinter?
Hätte das im Erdgeschoss wohnende Ehepaar nicht erst eine Woche zuvor den Rauchmelder gekauft und im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses in der Kemptener Bodmanstraße montiert: Stadtbrandrat Andreas Hofer will sich gar nicht ausmalen, was dann passiert wäre. Auf jeden Fall, sagt Hofer, sei es dem Rauchmelder zu verdanken, dass alle Bewohner gerettet werden konnten. Doch warum kam es in den Morgenstunden des Samstags überhaupt soweit? Es war wahrscheinlich Brandstiftung, heißt es seitens der Polizei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchter Tötung.
Ermittler gehen nicht von fremdenfeindlichen Anschlag aus
Das Motiv des unbekannten Täters ist noch völlig unklar, sagte gestern Polizeisprecher Christian Eckel gegenüber unserer Zeitung. Die Ermittler gehen aber nicht von einem fremdenfeindlichen Anschlag aus. In dem Haus leben keine Menschen mit ausländischen Wurzeln. Auch die Frage, ob etwas darauf hindeutet, dass es sich um einen Serientäter handelt, musste Eckel gestern offenlassen. Das könne erst beantwortet werden, wenn die bei der Kriminalpolizei eingerichtete 15-köpfige Ermittlungsgruppe in den kommenden Tagen die Spuren auswertet. Möglicherweise hat der Täter am selben Morgen auch ein paar hundert Meter weiter einen Altkleider- und einen Altpapier-Container angezündet. Aber auch das sei zum jetzigen Zeitpunkt nur Spekulation, sagte Eckel.
Als das durchdringende Piepsen des Rauchmelders gegen halb sechs Uhr das Ehepaar im Erdgeschoss aus dem Schlaf reißt, steht der Keller des Hauses schon lichterloh in Flammen. Ein Passant, so die Polizei, sieht den Qualm und alarmiert sofort die Feuerwehr. Das Ehepaar im Erdgeschoss kann sich gerade noch ins Freie retten. Den vier Menschen, die im zweiten Stock und im Dachgeschoss leben, gelingt das nicht mehr: Die Hitze und der starke Rauch machen es unmöglich, dass die Bewohner von oben durchs Treppenhaus fliehen. Stattdessen ziehen sie sich in einen Raum zurück und machen übers Fenster auf sich aufmerksam.
Als die Feuerwehr kurz darauf eintrifft, ist die Haustür bereits so heiß, dass man sie mit bloßen Händen nicht mehr anfassen kann. Die Helfer – im Einsatz sind 70 Wehrleute und zwölf Fahrzeuge – werden an zwei Fronten aktiv. Laut Stadtbrandrat Hofer dringt ein Trupp unter Atemschutz in den Keller vor, um das Feuer zu bekämpfen. Weitere Brandschützer bringen die Familie aus dem Obergeschoss über den Korb der Drehleiter in Sicherheit. Trotz der großen Gefahr, in der die Hausbewohner sind, bleiben sie sehr ruhig und gefasst, lobt Hofer.
Als die Feuerwehr, die noch bis in den späten Vormittag hinein Brandwache halten wird, das Feuer gelöscht und das Gebäude vom Rauch befreit hat, zeigt sich, dass wohl jemand absichtlich den Brand gelegt hat – und was noch alles hätte passieren können: Der Brand hat den kompletten Kellerraum, sogar dessen Tür fast vollständig zerstört und großen Schaden an den Hauptanschlussleitungen für Strom und Gas angerichtet. „Zehn, 15 Minuten später und wir hätten einen Vollbrand gehabt“, sagt Hofer. Denn dann hätten sich die Flammen über das hölzerne Treppengeländer in Windeseile durchs Treppenhaus gefressen.
Rauchmelder hat Schlimmeres verhindert
Die Erdgeschosswohnung ist laut Hofer derzeit überhaupt nicht bewohnbar. Rauch und Ruß hängen darin. Auch die Arztpraxis im ersten Stock – in der sich in der Nacht auf Samstag niemand befand – und die Wohnung darüber werden wohl die nächste Zeit leer bleiben.
Hofer weist ausdrücklich darauf hin, dass an diesem Samstagmorgen Schlimmeres nur verhindert werden konnte, weil die Feuerwehr rechtzeitig alarmiert war. Und möglich gemacht habe das der Rauchmelder. „Im Schlaf können Rauch und Brandgeruch nicht wahrgenommen werden“, sagt Hofer. Deshalb sei es wichtig, solche Warngeräte zu haben. Die Ermittlungsgruppe rollt nun alle Brandfälle der letzten Zeit in Kempten auf und sucht nach eventuellen Gemeinsamkeiten. Heute kommt aus München ein Sachverständiger vom Bayerischen Kriminalamt an den Brandort.
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