Geblitzt? In diesen Fällen drückt die Polizei ein Auge zu
Auf dem Weg ins Krankenhaus wurde ein Paar in München geblitzt - kurz vor der Geburt. Jetzt verzichtet die Polizei auf das Bußgeld. Wann so etwas möglich ist.
Ende September, nachts um 2 Uhr: Ein junges Paar rast mit seinem Auto durch München. Am Frankfurter Ring werden sie geblitzt. 13 Minuten später kommt ihre Tochter in Gern auf die Welt. Es folgt ein Bußgeldbescheid. Die junge Familie legt Einspruch ein und bekommt Recht, die Polizei München stellt das Ermittlungsverfahren ein. Aber geht das so einfach? Kann die Polizei einfach mal ein Auge zu drücken?
Der Fall geht gerade durch die sozialen Netzwerke. Der Tweet mit dem Brief des bayerischen Polizeiverwaltungsamtes in Straubing hat rund 16.000 Likes und wurde schon fast 1900 Mal geteilt. Darin findet sich noch die Zeile: "Wir gratulieren zur Geburt Ihrer Tochter." Während die meisten Nutzer Verständnis für die Entscheidung haben und den Eltern ebenfalls gratulieren, schreiben einige, dass es verantwortungslos war vom Vater, so durch München zu rasen.
Peter Schall von der bayerischen Gewerkschaft der Polizei erklärt: "Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung liegt eine Ordnungswidrigkeit vor." In diesem Fall kommt es nicht zwingend zu einem Gerichtsverfahren, weil auch die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet wird. "Bei der Polizei spricht man auch von einem pflichtgemäßen Ermessen", sagt Schall. Soll heißen: In Einzelfällen kann der Beamte entscheiden, ob er auf ein Bußgeld verzichtet.
Geblitzt: Fall von München eher eine Ausnahme
Als Beispiel nennt Schall eine Vorfahrtsverletzung: "Wenn ein Autofahrer sich vorsichtig in eine Kreuzung reintastet und einen Unfall verursacht, hat er theoretisch die Vorfahrt missachtet." Auf das Bußgeld könne jedoch verzichtet werden. Stattdessen belasse man es oft bei einer mündlichen Verwarnung. Wenn der Verursacher einsichtig ist oder plausibel erklären kann, warum er so gehandelt hat, wird ebenfalls von einem Bußgeld abgesehen.
Beim besonderen Fall in München hätte er wie seine Kollegen entschieden. "Das ist doch nett", sagt er. Seiner Meinung nach hätte spätestens, wenn es zur Verhandlung gekommen wäre, der Richter das Verfahren eingestellt. Immerhin sei der Vater mit 15 Stundenkilometer zu viel, nicht unverhältnismäßig und gefährlich unterwegs gewesen. "Solche Fälle sind aber eher die Ausnahme", sagt er. Normalerweise gilt: Gleiches Recht für alle. Bei einer höheren Geschwindigkeit hätte wohl kein Kollege ein Auge zugedrückt.
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