Gladiatorenspiele auf dem Zentral-Landwirtschaftsfest
Landwirtschaft gehört zu Bayern und das Zentral-Landwirtschaftsfest zur Wiesn. Die Tierschau auf dem ZLF ist dabei ein bisschen wie die Schaukämpfe in den antiken Arenen.
Traktoren, Mähdrescher, Kipplaster. Viele riesige Maschinen reihen sich auf dem Zentral-Landwirtschaftsfest (ZLF) an der Theresienwiese aneinander. Doch die heimlichen Stars laufen ganz ohne Getriebeöl, sie laufen auf vier Beinen. Denn vor allem Tierzelt und Tierschau erfreuen sich bei den Zuschauern enormer Beliebtheit. Die Tiere werden auf Hochglanz poliert. Das Fell glänzt sichtlich, auch aus 20 Meter Entfernung. Dann geht es hinaus ins Stadion.
Bereits morgens ist die Tribüne voll besetzt
Die kleine Tribüne neben der sandigen Arena ist bereits morgens voll besetzt. Wie im alten Rom kommen auch hier die Menschen in Scharen, um bei der Show dabei zu sein. Sitzplätze sind Mangelware, die Massen kleben an den Absperrungen, um einen Blick auf das staubige Geschehen zu erhaschen. Alle sind bester Stimmung. Brot und Spiele eben. Oder in diesem Fall: Brot und Tiere.
Die Show geht los, laut Programm sollen die schönsten Pferde Bayerns durch den Schauplatz galoppieren. Und da laufen sie auch schon. Aber Moment, denkt sich der gewiefte Zuschauer. Diese Pferde sehen merkwürdig aus. Nicht nur ihre Gestalt wirkt sonderbar, auch die Euter lassen ernste Zweifel an der Echtheit der Pferde aufkommen. Dann die Aufklärung: Erst kommen die Rinder, Pferde gibt es etwas später zu bestaunen. Aha.
Bayerns Bauern erwirtschaften fast 70 Prozent aus Tierhaltung
Landwirtschaftsminister Helmut Brunner lobte unlängst die bayerische Rinderzucht in den höchsten Tönen. „Das ist die wichtigste Existenzgrundlage der bayerischen Landwirtschaft.“ Fast 70 Prozent des Einkommens erwirtschaften die bayerischen Bauern aus der Tierhaltung, zwei Drittel davon kommen aus der Rinderhaltung. Von den deutschlandweit 12,5 Millionen Rindern stehen 3,3 Millionen in bayerischen Ställen.
Dem Publikum ists einerlei, Hauptsache Tiere. So berichtet der Moderator von den feinsten bayerischen Rindern. Deutsches Braunvieh, Deutsches Gelbvieh, Deutsche Holsteins, Deutsches Fleckvieh. Für den berufsfremden Zuschauer sind es halt Rinder, mal braun, mal schwarz-weiß und manchmal auch gefleckt.
Manchmal kommt auch der sture Esel im Rind durch. Regelmäßig hat eines der Tiere keine Lust mehr begafft zu werden und verweigert den Rundlauf oder rennt einfach los – auch mit Vorführer an der Leine. Anderen wird die Aufregung gar zu groß, sie erleichtern sich mitten in der Arena. Wäre dies ein Wettkampf und kein Schaulaufen, gäbe das mit Sicherheit Abzüge in der B-Note.
Drei Euro für die Wolle eines Merinoschafes
Szenenwechsel. Auch in Halle 14 sind die Tiere die Stars. Ob sie wollen oder nicht. Zwei Schafe sehen so aus, als wollen sie nicht. Ihnen geht es gleich an den Kragen, besser gesagt an den Pelz. Aus Showgründen. Bei Vorführungen wird Kindern und Erwachsenen gezeigt, wie das Schafscheren funktioniert. Während die meisten Kinder mitleidig dreinschauen, erklärt René Gomringer, Geschäftsführer des Landesverbandes für Schafhalter: „Wir befreien die Tiere von der Wolle.“ Tut man das nicht, würde das Fell verfilzen und die Schafe würden schwere Hautkrankheiten bekommen und sogar daran sterben. Früher verloren Schafe ihr Fell von selbst, bei heutigen Züchtungen bleibt das Fell am Tier, bis es geschoren wird. Der Lohn ist nicht unbedingt berauschend: Drei Euro bekommt ein Schäfer etwa für die Wolle eines Merinoschafes.
Dann geht alles ganz fix. Das Schaf wird auf eine Bank gesetzt, den Kopf klemmt der Schäfer unter den Arm. Und schon fällt der dichte Pelz innerhalb weniger Minuten zu Boden. Das Tier lässt die Prozedur geduldig über sich ergehen, hat aber auch keine Wahl. Am Ende wird es aus dem festen Griff des Schäfers befreit. Etwas verdutzt blickt das Tier in Richtung Zuschauer. „Sie ist ein bisschen schüchtern so nackt vor all den Leuten“, scherzt Gomringer.
Da hilft auch das Streicheln der vielen Kinder nichts. Mit einem kurzen „Mäh“ wird der Unwille bekundet. Vielleicht hat das Schaf aber auch nur Angst, dass es so nackig hinaus in die Arena muss.
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