Justizministerin Merk in Erklärungsnot
Der Nürnberger Gustl Mollath soll 2003 seine Frau geprügelt und gewürgt haben. Er wurde in die Psychiatrie gesteckt. Zu Unrecht?
Im Fall Gustl Mollath gibt es schon lange viele Fragen. Doch nun, fast sieben Jahre nach der Zwangseinweisung des Nürnbergers in die Psychiatrie, bringen interne Unterlagen der HypoVereinsbank (HVB) die bayerische Justiz und Justizministerin Beate Merk (CSU) in Erklärungsnot.
Ein von der Bank 2003 angefertigter Revisionsbericht scheint nämlich zu bestätigen, dass von Mollath gegen die Bank per Anzeige erhobene Vorwürfe Substanz haben. Mollath hatte damals seiner damaligen Ehefrau und weiteren Bank-Mitarbeitern vorgeworfen, in Schwarzgeldgeschäfte verwickelt zu sein.
Das Gericht attestierte Mollath eine "paranoide Wahnsymptomatik"
Mollath stand 2003 in Nürnberg vor Gericht, weil er seine Frau verprügelt und gewürgt haben soll. Das Gericht stellt damals bei dem heute 56-Jährigen eine "paranoide Wahnsymptomatik“ fest und wies ihn in die Psychiatrie ein.
Diese in der Zwischenzeit mehrfach gerichtlich bestätigte Zwangsunterbringung habe jedoch „nichts mit der Anzeige“ gegen die HVB zu tun gehabt, bekräftigte Merk gestern. Auch habe Mollaths Vorwurf eines breit angelegten „Schwarzgeld-Systems“ bei der Diagnose „keine entscheidende Rolle“ gespielt. Vielmehr sei im Fall einer Entlassung aus der Psychiatrie „die Begehung neuer strafrechtlicher Taten wahrscheinlich“ gewesen, erklärte Merk. Alle „Verschwörungstheorien“ hätten keine Substanz.
Dass die Staatsanwaltschaft nach der Anzeige nicht ermittelt hatte, begründete die Ministerin mit „fehlendem Anfangsverdacht“. Es habe weder in der Anzeige noch in einem von Mollath übergebenen Ordner konkrete Anhaltspunkte gegeben, „dass eine bestimmte Person ein bestimmtes Vermögen mithilfe von Frau Mollath in die Schweiz transferiert und nicht versteuert hat“.
Freie Wähler fordern Merks Rücktritt
Zuvor hatten die Freien Wähler Merks Rücktritt gefordert: Trotz „konkreter Beweise“ habe die bayerische Justiz nicht ermittelt, so der Abgeordnete Florian Streibl. Er forderte einen Untersuchungsausschuss im Landtag, um „das volle Ausmaß der politischen Einflussnahme und Vertuschung“ ans Tageslicht zu befördern: „Wir reden hier nicht über Ahnungslosigkeit oder Unvermögen – wir reden hier über Vorsatz“, wetterte Streibl.
Merk nannte diese Vorwürfe „absurd“. Bayerns „Staatsanwaltschaften ermitteln mit aller Konsequenz gegen Steuerhinterzieher“, so die Ministerin. Auch habe es „keine Weisung der Politik an die Staatsanwaltschaft gegeben, im Fall Mollath nicht zu ermitteln“.
Beate Merk weist Vorwürfe zurück
Den Vorwurf der Opposition, sie habe den Landtag bei einem Bericht zum Fall nur lückenhaft über den Inhalt des zu diesem Zeitpunkt der Staatsanwaltschaft vorliegenden Bank-Berichts informiert, wies Merk ebenfalls zurück: Bei den festgestellten Verstößen gehe es vor allem um arbeitsrechtliche Fragen. Strafrechtlich relevante Fragen seien dagegen verjährt. Auch habe sie das komplette Papier erst letzte Woche „nach öffentlichen Verleumdungen“ angefordert.
Die Staatsanwaltschaft habe zudem bereits Anfang dieses Jahres alle relevanten Details des HVB-Berichts an die Steuerbehörden weitergeleitet. Diese könnten auch ohne konkreten Anfangsverdacht wegen Steuerhinterziehung ermitteln, so Merk: „Auch das ist kein Widerspruch und auch kein Skandal.“
Die Diskussion ist geschlossen.