Staatsanwaltschaft durchsucht Busunternehmen in der Region
Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Dienstag etliche Bus- und Reiseunternehmen in der Region Augsburg durchsucht. Der Verdacht: Illegale Absprachen.
Der Fahrplan ist schon geschrieben. Im Herbst soll das neue Konzept für die Nahverkehrstarife im Großraum Augsburg vorliegen. Mithilfe einer neuen Preisstaffelung will der Verkehrsverbund AVV dann im Frühjahr 2017 durchstarten und mehr Kunden für Bus, Bahn und Straßenbahn gewinnen.
Doch just an dem Tag, als die Kommunalpolitiker aus Augsburg und den Nachbarlandkreisen sich mit der Zukunft intensiv beschäftigten, passierte etwas, was offenbar in der jüngeren Vergangenheit des Verkehrsverbundes wurzelt: Am Dienstag durchsuchten Polizei und Staatsanwaltschaft zahlreiche Busunternehmen in der Region, Fotos zeigen die Razzia der Behörden bei der Augsburger RBA, doch nach Auskunft der Staatsanwaltschaft wurden weit mehr Firmen in ganz Schwaben durchsucht. Man gehe dem Verdacht wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen nach. „Der Verdacht richtet sich gegen 23 Beschuldigte“, sagt Sprecher Matthias Nickolai von der Anklagebehörde: „Deshalb wurden am Dienstag zahlreiche Objekte durchsucht und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt.“
Wegen der neuen Buslinien gab es mehrfach Streit
Übereinstimmend gingen gestern mehrere Gesprächspartner unserer Zeitung davon aus, dass die Ermittlungen mit der Neu-Ausschreibung der Buslinien im AVV zu tun haben. Dieser Prozess, der bis 2021 abgeschlossen sein soll und schon mehrfach zu erheblichem Streit geführt hat, ist Teil eins der Reformbestrebungen innerhalb des Verkehrsverbundes, der von der Stadt Augsburg sowie den Landkreisen Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen getragen wird. In den neuen Ausschreibungen setzte der AVV nicht nur ein einheitliches Erscheinungsbild der Busse durch, sondern auch günstigere Preise. AVV-Geschäftsführer Olaf von Hoerschelmann bezifferte die Einsparungen auf rund drei Millionen Euro im Jahr.
Überdies sei es gelungen, die Marktmacht einzelner Unternehmen zu brechen, sagte von Hoerschelmann Anfang Mai in einem Bericht zur AVV-Reform vor dem Augsburger Kreistag. So hatte das größte Unternehmen einst einen Anteil von 60 Prozent der Linien, jetzt seien es nur noch 30 Prozent.
Gemeint war mit jenem größten Unternehmen die Regionalbus Augsburg (RBA), die in ganz Bayern jährlich 27 Millionen Menschen befördert. Die ehemalige Bahn-Tochter gehört seit über 20 Jahren mehreren Kommunen und Busunternehmen aus Schwaben.
Preisabsprachen: Skeptische Stimmen schon Anfang Mai
Doch schon Anfang Mai gab es skeptische Stimmen. So wies der Königsbrunner FDP-Politiker Manfred Buhl darauf hin, dass der RBA-Rückgang nur ein scheinbarer sei. Nun seien eben die RBA-Gesellschafter zum Zug gekommen. Diese wiederum hätten bei den Ausschreibungen bei keiner einzigen Linie gegeneinander geboten. Buhl sah damals darin einen Hinweis auf mögliche Preisabsprachen und erntete dafür heftigen Widerspruch.
Anscheinend aber sahen andere die Angelegenheit ähnlich skeptisch wie Buhl. Nach Informationen unserer Zeitung wurde das jetzige Ermittlungsverfahren auf Betreiben der Kartellbehörden eingeleitet. Eine offizielle Bestätigung gab es gestern dafür nicht. Um die Ermittlungen nicht zu gefährden, war die Staatsanwaltschaft gestern zurückhaltend mit Informationen.
Völlig überrascht von der Aktion der Behörden wurde der Verkehrsverbund AVV selbst. Seine Zentrale war nach Angaben einer Sprecherin nicht von der Durchsuchungsaktion betroffen. Der Verkehrsverbund versucht derzeit, sich ein Bild von der Lage zu machen und hat alle Busunternehmen angeschrieben, die an der RBA beteiligt sind. Sie sollen alle durchsucht worden sein.
Unabhängig von Preisabsprachen geht AVV-Reform weiter
Für irgendeine Bewertung seitens des Verkehrsverbundes sei es noch zu früh, sagte dessen Aufsichtsratsvorsitzender, der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU), gestern gegenüber unserer Zeitung. Unabhängig davon sei aber der zweite Teil der AVV-Reform, die neuen Nahverkehrstarife auf einem „guten Weg“, sagte Sailer gestern.
Bei der Vorstellung der ersten Ergebnisse in den politischen Gremien am Dienstag regte sich kein fundamentaler Widerspruch. Ein Wunsch war, das Spar-Abo, das ab neun Uhr morgens gelten soll, früher beginnen zu lassen. Wie bereits berichtet, sollen mit den neuen Tarifen Gelegenheitsnutzer von Bahn, Bus und Tram stärker zur Kasse gebeten werden, während Stammkunden mit Abos Preisvorteile haben. Im Herbst soll das neue Tarifwerk vorliegen und entscheidungsreif sein.
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