Zerstückelte Leiche: Steckt Familientragödie dahinter?
In dem Fall der zerstückelten Frauenleiche und des ICE-Selbstmörders bei Würzburg fügen sich immer mehr Puzzleteile zusammen. Offenbar steckt eine Familientragödie dahinter.
Ein achtjähriges Kind aus einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Würzburg muss künftig ohne seine Eltern aufwachsen - der Vater hat wahrscheinlich die Mutter getötet. Danach ist der 30-Jährige aus Hettstadt vor einen fahrenden Zug gesprungen.
Die Hintergründe der Familientragödie sind am Dienstag noch unklar, aber die Spekulationen schießen ins Kraut: Die 29-Jährige habe sich von ihrem Ehemann trennen wollen, und sie soll als Tänzerin im Rotlichtmilieu gearbeitet haben, was ihm missfallen habe. Von Polizeisprecher Karl-Heinz Schmitt ist nur zu hören: "Wir sagen zur Familie nichts."
Am Montag hat sich der 30-Jährige - er soll Bundeswehrsoldat gewesen sein - gegen 9.30 Uhr bei Margetshöchheim (Landkreis Würzburg) vor einen fahrenden Zug geworfen. Kurz zuvor haben Medien berichtet, dass wenige Kilometer weiter ein Angler in einem Baggersee bei Erlabrunn Leichenteile gefunden hat. Was der 30-Jährige Mann wohl wusste: In dem besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebten Badesee treibt seine grausam zerstückelte Ehefrau.
Die Identität der beiden Toten bestätigen die Ermittler erst am Dienstag. Zuvor zeigen sie sich über einen Zusammenhang beider Vorfälle sehr zurückhaltend. Medien spekulieren allerdings in alle Richtungen.
Bis die Ermittler alle Puzzleteile zusammengefügt haben, werden sicher noch Tage vergehen. Nach bisherigen Erkenntnissen hat der 30- Jährige am Sonntagabend seine Frau als vermisst gemeldet. Getötet hat er sie möglicherweise bereits zwei Tage zuvor - der Zustand der Frauenleiche lässt diesen Schluss nach Polizeiangaben zu.
Am Sonntagnachmittag hat ein Privatangler am Erlabrunner See die Leichenteile entdeckt und die Polizei alarmiert. Die sucht das Gebiet mit Hunden und per Schlauchboot ab, Taucher finden am Montag schließlich den Torso der zerstückelten 29-Jährigen. Fast zeitgleich springt ihr mutmaßlicher Mörder vor einen ICE, der von Hamburg nach München unterwegs war. Rund 600 Bahnreisende müssen danach fast vier Stunden in einem Tunnel nördlich von Würzburg ausharren, in dem der Zug nach der Notbremsung steht.
Unterdessen machen Gerüchte unter den Journalisten der Region die Runde, der 30-Jährige habe seine ein Jahr jüngere Frau getötet und sie dann in den Badesee geworfen. Weil die Identität der Toten aber nicht geklärt ist, winkt die Polizei ab, wenn Wörter wie "Familiendrama" fallen. Erst am Dienstag wagen sich die Ermittler vor: Die Identität der Toten sei nun fast zweifelsfrei geklärt.
"Wer die Frau letztlich umgebracht hat, wissen wir aber noch nicht", sagt Schmitt. Rechtsmediziner sollen am Dienstag die Todesursache herausfinden und Spuren sichern, die Hinweise auf den Mörder geben. Auch die Leiche des Ehemanns soll obduziert werden. Hinweise auf die Identität des Mannes haben die Ermittler bereits am Montag: Neben der Bahnstrecke finden sie das Auto des 30-Jährigen und dessen Papiere. Die Öffentlichkeit erfährt davon allerdings nichts.
Zur Aufklärung des Verbrechens hat die Kripo Würzburg mittlerweile eine Sonderkommission mit etwa 30 Beamten eingesetzt.
Der erste Bürgermeister der 3900 Einwohner großen Gemeinde Hettstadt zeigt sich derweil erschüttert über die schrecklichen Ereignisse. "Man kann nicht in jeden Einzelnen gucken. Manches ist doch Fassade", sagt Eberhard Götz (SPD). "Viele haben finanziell zu knabbern, versuchen nach jedem Strohhalm zu greifen." Darauf deute die Arbeit der Getöteten "in einem gewissen Milieu", sagt Götz.
Vor sieben Jahren war es in Hettstadt schon einmal zu einer Beziehungstat gekommen. Damals hatte ein 41-jähriger Mann eine 23-Jährige erschossen und sich danach selbst umgebracht. Vermutlich waren die beiden ein Paar. dpa/lby
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