Experten warnen vor Tracking-Apps
Entwickler bieten Apps an, mit denen Eltern ihre Kinder auf vielfältige Weise überwachen können. Pädagogen und Experten sind aber skeptisch.
Eltern finden es beruhigend, wenn sie genau wissen, wo sich ihre Kinder gerade aufhalten. Das haben auch Entwickler erkannt. Zurzeit sind daher eine ganze Reihe von Handy-Apps im Apple-App- oder Google-Play-Store erhältlich, mit denen Eltern die Bewegungen ihrer Sprösslinge genau verfolgen können. Zum Beispiel Pocket Nanny. Viele Benutzer sind begeistert, zumindest fallen die Bewertungen im Play-Store überwiegend gut aus. Eine Mutter schreibt: "Ist im Biergarten echt eine Erleichterung. Mann muss nicht immer aufpassen." Mit der App können Eltern das Handy ihrer Kinder in einen GPS-Tracker verwandeln. Dabei steuert das Programm auf dem Mobiltelefon der Eltern, das auf dem der Kinder. Die Anbieter schreiben: "Sie können jederzeit sehen, wo ihr Kind gerade ist, und bekommen einen Alarm."
Das Handy der Kinder sperren
Zudem gibt es noch weitere Apps, die in die gleiche Richtung gehen. Familonet informiert die Eltern beispielsweise, wenn ihre Kinder einen bestimmten Ort erreichen. Mit Ignore No More können sie zwar nicht überwachen, wo sich ihre Kinder aufhalten, aber sie haben die Möglichkeit, ihre Handys zu sperren, wenn der Nachwuchs nicht auf Anrufe oder SMS reagiert. Manche App-Anbieter werben zudem mit der Funktion, Anrufe oder Kurznachrichten auf den Handys der Kinder abzuhören beziehungsweise mitzulesen.
Unter Experten und Pädagogen ist der Nutzen dieser Apps umstritten. Gerhard Kestner ist Medienkursleiter beim Deutschen Kinderschutzbund und Mitglied im Vorstand des Kreisverbands Dillingen. "Ich halte von Überwachungssoftware wenig", sagt er. Eltern sollten lieber das Gespräch suchen und eine vertrauensvolle Basis schaffen. "Ich kann mein Kind nicht vor allem schützen." Wer jeden Schritt überwache, gefährde das Vertrauensverhältnis. In Bezug auf das Internet empfiehlt er, auf Überwachungssoftware zu verzichten. Eltern sollten Kinder lieber über Gefahren aufzuklären, die im Netz lauern.
Markus Merkle hält ebenfalls nichts von den neuen Apps. Er arbeitet für das Internet-Portal Handysektor, dass unter anderem von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen getragen wird. Medienpädagogen geben dort Jugendlichen Tipps für einen kompetenten Umgang mit mobilen Medien. Merkle sagt: "Überwachung ist nicht die richtige Maßnahme." Er empfiehlt, klare Regeln festzulegen, schon bevor die Kinder ein Smartphone bekommen. Dabei sollte genau festgelegt werden, zu welchen Zeiten sie telefonieren oder Kurznachrichten schreiben dürfen. Auch sollten die Eltern mit dem Nachwuchs vereinbaren, welche Apps mit dem Handy genutzt werden.
Eltern riskieren einen Vertrauensbruch
Wer heimlich Programme auf die Smartphones seiner Kinder installiert und diese überwacht, riskiert einen Vertrauensbruch. "Wir kennen das ja aus unserer eigenen Kindheit. Wenn wir einmal das Vertrauen verloren haben, dann erzählen wir unseren Eltern meist nichts mehr", warnt der Experte. Zudem sind die Kinder seiner Erfahrung nach oft geschickter im Umgang mit technischen Neuerungen als ihre Eltern. Unter Umständen finden sie einen Trick, die App zu umgehen, oder nutzen einfach ein zweites Handy, von dem die Eltern nichts wissen. Merkle kann nachvollziehen, dass viele sich sicherer fühlen, wenn sie genau wissen, wo ihre Kinder sich befinden. Er hat aber einen einfachen Tipp. Im Notfall sollten die Kinder ihre Eltern einfach anrufen.
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