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Computerspiele
24.01.2014

Was die Macht der Games ausmacht

Videogames sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Gamen ist ein Massenphänomen. Die Erkundung der wichtigsten Unterhaltungsbranche unserer Zeit.

William Higinbotham sitzt vermutlich gerade der Schalk im Nacken. Seit zehn Jahren ist der US-Physiker nun Chef der Instrumentation Division am Brookhaven National Laboratory auf Long Island. Meistens arbeitet er in der Abteilung für Mess- und Analyseinstrumente, vermutlich staubtrockene Fleißarbeit. Aber wie viele Wissenschaftler liebt er es, um die Ecke zu denken. Außerdem mag er Spiele. Also nutzt Higinbotham den Tag der offenen Tür seines Instituts im Jahr 1958 als Anlass, seine wunderbare Erfindung zu zeigen: Tennis for Two. Eine Anordnung von Analogcomputern und Oszillographen hat er einfach zweckentfremdet, damit die Besucher ein rudimentäres Tennisspiel auf eine ganz neue Art erleben können. Sie sollen wohl auch begreifen, wie spannend, spaßig und realitätsnah die Welt der Physik und Technik sein kann. Es ist bis heute ein wunderbarer Gedanke, dass ein anerkannter Wissenschaftler seine sündteure Technik einfach dazu nutzte, etwas Vergnügliches zu erschaffen.

Video- und Computerspiele, sie machen mal schlau, mal aggressiv, sind mal Kinderkram, mal Kunst. Es liegt immer daran, wer gerade über sie redet und richtet. Heute schreibt hier jemand, den Spiele jeglicher Art seit frühester Kindheit faszinieren. Vom realen Sandkasten in die digitale Sandbox, für mich ein völlig logischer Schritt. Als heute 38-Jähriger bin ich mit dem Atari 2600 aufgewachsen. Habe in Spielhallen auf Zehenspitzen an Automaten gestanden. Auf dem C64 und dem Amiga den Joystick gequält. Mit dem Nintendo Entertainment System und dem Sega Saturn zahllose wunderbare Stunden verbracht und dann das Hobby zum Beruf gemacht. Ich arbeite heute als Kritiker von Video- und Computerspielen. Und wissen Sie was: Videospiele machten und machen mir bis heute vor allen Dinges eines: Spaß!

Und sie liefern ihren Fans viel Anlass zum Streit. Ist der PC besser als die Xbox One? Sind Mobile Games für iPhones und Android-Smartphones der heiße Kram? Candy Crush oder Counter Strike? Die ständige Lust auf einen kleinen Contest, auch das kennzeichnet die Gamer. Schon über das erste Computerspiel gab und gibt es Streit. Es geht, wie so häufig, um die Definition. Manche halten ein Großrechner-Raketenspiel aus dem Jahr 1946 für das erste Computerspiel. Realistischer ist die Annahme, das OXO dieser Titel gebührt, einer grafisch erkennbaren Variante des Klassikers Tic-Tac-Toe aus dem Jahr 1952. Ernsthaft schreiben fast alle Kenner dem US-Physiker William Higinbotham das erste Computerspiel zu, obwohl er weder 1958 noch später ein Patent auf seine Idee anmeldete.

Das erste kommerzielle Videospiel hat sich über ein Jahrzehnt später der Amerikaner Ralph Baer ausgedacht. Es war eine Holzbox voller Transistoren und Schalter. Auf der Mattscheibe des Fernsehers musste man eine mit dem Spielfeld bedruckte Plastikscheibe befestigen. Denn sein Gerät konnte nur einfachste Grafikelemente darstellen. Der US-Konzern Magnavox vermarktete die Box 1972 als Magnavox Odyssey. Doch so richtig erfolgreich wurde erst der dreiste Dieb dieser Idee. Nolan Bushnell mopste Baers Konzept, stellte mit seinem Unternehmen Atari 1972 einen Automaten namens Pong her und legte damit den Grundstein für das erste Videospielimperium.

Die Spiele

Der Blick in die Vergangenheit macht etwas deutlich, das sich bis heute fortsetzt. Video- und Computerspiele, oder einfach Games (schließlich gehören Anglizismen hier zum guten Ton), sind eine Männerdomäne. Es ist einfach so. Die beliebtesten Genres sind Egoshooter und Action-Adventures für PC und Konsolen, sie haben ein Millionenpublikum. Aber es gibt so vieles mehr. Da sind die mobilen Süchtigmacher für zwischendurch. Spiele wie Angry Birds, ein simpler Zeitfresser für iPhone & Co., in dem Vögel mit einer riesigen Schleuder in Baugerüste geschleudert werden, um diese zum Einsturz zu bringen. Damit sind ein paar Finnen richtig anständige Millionäre geworden.

Die Menschen spielen heute Rennsimulationen, fahren virtuell Busse durch Berlin, schlagen Alien-Invasionen zurück oder handeln mit Drogen in fiktiven Großstädten. Sie tun Dinge, die im echten Leben unerreichbar oder zu gefährlich wären. Oder schlimme Konsequenzen nach sie ziehen würden. Vor 100 Jahren haben sich die Menschen im Theater an Tragik und Schönheit ergötzt. Heute inszenieren sie selber mit. Erobern online den Weltraum mit riesigen Flotten von Raumgleitern, jeder gesteuert und verwaltet von einem echten Menschen. Es werden epische Schlachten geschlagen, auf anderen Servern derweil einfach nur riesige Städte gebaut oder Handel im alten Venedig betrieben. Die Möglichkeiten sind wirklich unendlich. In Minecraft wird diese Unendlichkeit zum Konzept und man darf bzw. muss sich die Spielwelt selbst bauen. Übrigens auch zum Millionär geworden, der Minecraft-Erfinder aus Schweden.

Technik

Die Plattformen, um diese Träume auszuleben, es sind viele. In Deutschland ist der PC zum Spielen immer noch enorm wichtig. Man kann ihn frei aufrüsten, viele 100 Euro in schnellere Grafikkarten, mehr Arbeitsspeicher oder eine Wasserkühlung für übertaktete Prozessoren investieren. Es gibt spezielle Händler, die nur diesen Markt bedienen, erfolgreich seit vielen Jahren. Dazu kommen die etablierten Konsolenhersteller. Sony mit der Playstation 3 und der gerade gestarteten Playstation 4. Microsoft mit der Xbox 360 und der ebenso jüngst in den Handel gebrachten Xbox One.

Die beiden kämpfen mit fast identisch leistungsfähigen Maschinen um Marktanteile. Sie wollen das Internet nutzen, um Games in Zukunft auf die Konsolen zu streamen. Sie lagern Rechenleistung in Datenwolken aus und haben Bewegungssensoren angeschlossen, um neue Steuerungsmöglichkeiten jenseits des Controllers in der Hand zu etablieren. Dann ist da natürlich noch Nintendo. Die Japaner liefern mit dem DS und 3DS die wichtigsten Konsolen für die Hosentasche und versuchen aktuell mit der Wii U fast etwas verzweifelt, den Erfolg der Wii zu wiederholen. Die Wii war diese irre erfolgreiche Spielkonsole mit Bewegungssteuerung, die es bis ins Altenheim geschafft hat, um die Rentner mit virtuellem Bowling und Tennis zur Bewegung zu animieren. Diese Rivalität hat immer für Fortschritt gesorgt und wird es weiter tun. Nicht zuletzt Apple und der enorme Erfolg des App-Stores sind hieraus erwachsen, ebenso wie das iPad die perfekte Symbiose aus Heimcomputer und Game Boy ist.

Markt und Macher

Wer produziert nun eigentlich diese ganzen Games? Es waren und sind Unternehmen wie Activision, das es schon seit der Zeit des Atari 2600 Ende der 1970er Jahre gibt. Sie entwickeln mit immer größer werdenden Budgets weltbekannte Unterhaltungsmarken. Activision macht Call of Duty. Einmal jährlich veröffentlichen sie seit vielen Jahren ein Kriegsspiel, das von unterschiedlichen Entwicklungsstudios produziert wird und viel Geld in die Kasse der Amerikaner spült. In wenigen Wochen generieren diese Egoshooter eine Milliarde Dollar Umsatz, sind in der Produktion und gerade der Vermarktung aber auch nicht billig. 2013 lieferte der US-Entwickler Rockstar mit Grand Theft Auto V das erfolgreichste Spiel des Jahres ab. Am ersten Verkaufstag hat das Action-Adventure 800 Millionen Dollar Umsatz generiert, es waren die höchsten Einnahmen eines Entertainment-Produkts in 24 Stunden überhaupt. Die Entwicklung soll inklusive Vermarktung 265 Millionen US-Dollar verschlungen haben. Nach drei Tagen hatte Rockstar übrigens den Milliardenumsatz erreicht, noch so ein Rekord. Und absolut verdient, aber dazu später mehr.

Sicher sind die Jobs in der Spieleindustrie übrigens nicht. Floppt ein Spiel, wird ein Studio schneller geschlossen als ein finnischer Vogel ein Baugerüst zum Kollabieren bringt. Selbst erfolgreiche Studios müssen sich nach der Fertigstellung eines Spiels nicht selten von vielen Mitarbeitern trennen, bis das nächste Projekt in Angriff genommen wird. Wer einmal selbst an einem Videospiel mitgearbeitet hat, wird fast immer berichten, dass es sich hier um einen absoluten Stressjob handelt, zu dem Überstunden gehören wie VW zu Wolfsburg.

Mittlerweile sind auch die Indie-Entwickler als Kleinunternehmer immer erfolgreicher. Sie produzieren einfach Spiele, auf die sie selbst Lust haben. Häufig nur für sich selbst und eine kleine Fangemeinde, aber der Erfolg des Apple-Appstore hat auch den Indies enorme Erfolg ermöglicht. Etwa dem Kieler Andreas Illiger, der sein wunderbares Tiny Wings fast im Alleingang produziert hat. Man braucht nur einen Finger zum Spielen und dennoch haben es seit 2011 viele Millionen Menschen heruntergeladen und 79 Cent bezahlt. Der US-Konzern Valve hat mit seinem Downloadportal Steam ein Vehikel erschaffen, das Indiegames auch für PC und Mac einen großen Markt eröffnet. Und natürlich gibt es noch zahllose Free-to-Play-Games. Sie locken mit kostenlosem Zugang, als Spieler soll mann später für bessere Waffen oder schnelleren Zugang zur nächsten Runde zahlen. Das Konzept hat den russischen Entwickler Wargaming reich gemacht. Natürlich ist deren größter Hit World of Tanks eine Kriegssimulation, die man online gegen viele anderen Panzerfahrer spielt. Wieder so ein Männerding.

Macht als Medium

Games machen aber nicht nur mächtig Umsatz, sie sind auch ein mächtiges Medium. Für einen guten Teil ihrer größtenteils männlichen Zielgruppe von Sechs bis Mitte Zwanzig sind sie bereits das wichtigste Medium. Die Games haben hier passiven Medien wie Fernsehen, dem Kino oder Comics längst den letzten Treffer verpasst. Die Videospiele sind schon eher auf dem Weg dazu, selbst der nächste Endgegner zu werden. Markenartikler nutzen Games schon seit geraumer Zeit, um ihre Produkte gekonnt und gegen Bezahlung in den virtuellen Welten zu platzieren. So erfolgreich wie das Product Placement in Filmen ist das In-Game-Advertising bisher nicht, aber je größer das Medium wird, um so größer werden auch die Begehrlichkeiten der Werbebranche. Das ist immer so.

Animationsfilme machen sich schon seit Jahren immer mehr die Videospielästhetik zu eigen. Die Games holen derweil bei der Grafik und Inszenierung immer weiter auf. 2013 lieferte Sony mit Beyond: Two Souls aus der Feder des Franzosen David Cage ein Beispiel für genau diese These. Das Spiel erzählt eine große, intensive Geschichte, die wir als Spieler selbst fortschreiben dürfen. Es ist ein bildgewaltiges Erlebnis mit fantastischen Gesichtanimationen. Wir spielen 15 Jahre im Leben der tragischen Heldin Jodie, gespielt von der Hollywood-Schauspielerin Ellen Page. Erzählt wird die Geschichte in mehreren Strängen, die aus unterschiedlichen Lebensabschnitten auf einen Höhepunkt zulaufen. Es ist eines der Games, die einen anderen Weg aufzeigen, weg von der reinen Unterhaltung. Games sind auf dem Weg, eine völlig eigenständige und gesellschaftlich voll akzeptierte Kunstform zu werden. Am deutlichsten wird das durch viele kleine Titel, die jenseits der Blockbuster stattfinden. Es ist quasi eine eigene, riesige Arthouse-Bewegung. Games wie The Stanley Parable, Journey, Limbo oder Fez entführen uns in absurde Welten, in nahe und ferne, reale und surreale Universen jenseits von Waffen und Gewalt.

Wer spielt und was passiert?

Das Männliche, es ist vor allem stark sichtbar in den vielen Spielen, die offenkundig Gewalt thematisieren. Sämtlichen Kriegsspielen haftet das Stigma an, ein brutaler Spielplatz für künftige Soldaten zu sein. Gänzlich wegdiskutieren lässt sich das Vorurteil nicht, aber dass Videospiele einen Menschen brutal machen oder gar zu Gewalthandlungen in der Realität führen, hat keine Studie weltweit ernstzunehmend belegt. Alle Effekte sind kurzfristiger Natur und schlimmstenfalls ein Katalysator, ein Fragment zu einer Handlung einer vielfach gestörten Persönlichkeit. Seriös nachweisen, dass Videospiele ihre Nutzer gewalttätig machen, es ist schlicht nicht machbar. Das ist in den USA mittlerweile sogar gerichtlich bestätigt. Eher schon messbar sind die positiven Faktoren wie verbesserte Hand-Augen-Koordination, die für späteren Chirurgen ebenso hilfreich ist wie für potenzielle Drohnenpiloten.

Die größte Faszination und die größte Gefahr wohnen wohl dem Eskapismus inne. Games ermöglichen es jedem Menschen, per Knopfdruck eine andere Identität anzunehmen und in eine Welt einzutauchen, die keine Reglementierungen außer den Spielregeln kennt. Genau das macht ein Spiel wie GTA V so toll und erfolgreich. Da wird einem eine riesige Welt hingeworfen, die man sich offline oder online erobern kann. Einmal im Spiel erwacht, ist jede neue Identität verfügbar. Der im echten Leben erfolgreiche Jurist wird zum Drogendealer in San Andreas. Er verlässt sein mit blutigem Geld bezahltes Eigenheim in den Vinewood-Hills, klaut sich einen Sportwagen, um danach einem Paparazzi dabei zu helfen, einen Star beim Geschlechtsverkehr zu filmen. Das ist bissige Satire und mehr Amerika, als man manchmal ertragen kann. Wie gut, dass zur Ablenkung Fallschirmspringen am Start ist, Tennis oder die Bong auf dem Wohnzimmertisch. GTA V hat so viele Facetten, dass es Wochen braucht, sie alle zu entdecken. Das ist mindestens so schön, wie den neuen Pynchon zu lesen. Vermutlich sogar besser. Süchtig machen die Games übrigens auch nicht mehr als Bücher. Eine repräsentative Studie des Hans-Bredow-Instituts aus dem Jahr 2011 attestiert 98,6 Prozent aller Teilnehmer ein völlig normales Spielverhalten.

Die Realität

Auch der US-Schriftsteller Thomas Pynchon thematisiert in seinem aktuellen Roman Bleeding Edge immer wieder die Videogames. Es ist nur ein kleiner Wegpunkt von vielen, an denen ihre Existenz sich in der Realität widerspiegelt. Mittlerweile ist eine ganze Jugendbewegung neben den Videospielern selbst aus den Games entstanden: die Let's Player oder YouTuber. Das sind Leute, die ihre Gamesessions aufzeichnen, mit Kommentaren unterlegen und dann im Netz verfügbar machen. Und viele zehntausend Kids schauen zu, lassen sich berieseln und gehen danach wieder selbst zocken. Es ist eine Mischung aus digitalem Rumgammeln und Inspiration für eigene Ausflüge in virtuelle Welten. So entstanden Internetstars wie Gronkh, denn jeder Schüler und viele Schülerinnen kennen. Die Eltern indes halten Gronkh bestenballs für eines dieser Modewörter, die sie aufgegeben haben verstehen zu wollen. Schade eigentlich. Würden sie sich, was leider viel zu selten passiert, mit ihren Kids hinsetzen und mal eine Runde zocken, viele Missverständnisse hätten gar keine Chance. Und der Sprung von Donkey Kong aus dem Jahr 1982 hin zu Super Mario 3D Land aus dem Jahr 2013 ist gar nicht so gewaltig. Er ist für jeden 50-Jährigen eine spannende Herausforderung und macht klar, dass es mehr gibt als Flugsimulatoren, die ja gut sind, weil sie Sohn zum Berufspiloten machen könnten. Vielleicht will der aber auch einfach nur Spaß haben.

Die Zukunft

Tja. Die Zukunft. Sicher ist, dass der technische Fortschritt eine immer realere Optik der Games ermöglichen wird. Das ist heute bereits bei PC-Spielen auf sündteurer Highend-Hardware deutlich sichtbar. Aber auch PS4 und Xbox One schicken immer schärfere und detailliertere Bildwelten auf die immer größer werdenden HD-Fernseher im Wohnzimmer. Das ist rein visuell schon echt beeindruckend im Vergleich zu allem, was vor zehn Jahren tatsächlich wirklich noch auf dem Bildschirm flimmerte.

Ein paar Amerikaner basteln derzeit am nächsten großen Ding. Oculus Rift könnte den Traum der virtuellen Realität fürs Wohnzimmer einen neuem Schub verpassen. Die VR-Brille lässt uns 3D ganz neu erleben, schickt uns mitten rein ins Weltall. Daraus entstand schon ein neuer Begriff. Wo seit Jahren von Immersion geschwärmt wurde, der Idee, dass einen die Spielwelt vereinnahmt, wird nun über Presence fabuliert. Damit ist der Zustand gemeint, in dem diverse technische Faktoren dazu führen, dass die virtuelle Realität sich mit der realen Realität vereint. Die Beide sind als Folge nur noch schwer unterscheidbar. Es wird noch viele Jahre dauern, bis das passiert. Aber es ist auch klar, dass mit Hochdruck an der Realisierung des Traums gearbeitet wird.

Extrem spannend sind auch Konzepte, die Games und Lernen verknüpfen. In den USA gibt es eine Schule mit dem Namen "Quest to Learn". Dort ist der Unterricht in Games verpackt. Kinder sollen dort aktiv lernen, Probleme mit Hilfe von Rollenspielen in Fächern von Mathe bis Geschichte zu lösen. Es deckt sich mit der Aussage, die mein Lieblingsprofessor Dr. Klaus Boltres-Streeck einmal in einem Seminar tätigte. Wirtschaftsprozesse seien ein Spiel. Und je mehr Spaß dieses Spiel einem mache, je besser man es verstehe, umso besser seien die Resultate der eigenen Arbeit, wenn man auch die als Spiel begreife. Das ist so wahr. Und darum kann es nicht schaden, schon von kleinauf diese Prozesse zu lernen.

Christian Gaca

Der Autor ist Chefredakteur von „Gamereactor“, Europas größtem Fachmagazin für Computerspiele. Er ist 38 Jahre alt und lebt in Berlin.

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