So wechseln Sie den Stromanbieter
Steigende Strompreise sind für viele ein Ärgernis. Mit einem Wechsel des Versorgers lässt sich häufig Geld sparen. Wir zeigen, wie es abläuft und für wen es sich lohnt.
Für viele Haushalte sind in den vergangenen Jahren die Strompreise gestiegen. Gegenüber dem Jahr 2000 hat sich der durchschnittliche Haushaltsstrompreis verdoppelt, hat der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft errechnet. Die Suche nach einem neuen Anbieter kann dann eine Lösung sein. Zusammen mit zwei Fachleuten zeigen wir, für wen sich ein Wechsel lohnen kann.
Wann ist ein Wechsel angebracht?
Verbraucherschützer raten, einen Wechsel zu prüfen, wenn der Stromanbieter den Tarif erhöht. Die Unternehmen seien gesetzlich verpflichtet, Preiserhöhungen sechs Wochen vorher anzukündigen, sagt Lundquist Neubauer vom Verbraucherportal Verivox. Die Kunden können dann kündigen: „Immer wenn eine Preiserhöhung ausgesprochen wird, haben die Kunden ein außergewöhnliches Kündigungsrecht“, erklärt Martin Brandis, Experte der Energieberatung der Verbraucherzentrale. Bei Verivox betont man, dass sich ein Wechsel meist rechnet, wenn sich Kunden in der Grundversorgung befinden.
Wie viel kann man mit dem Wechsel eines Stromanbieters sparen?
Verbraucher, die noch nie den Stromanbieter gewechselt haben, können mehrere hundert Euro im Jahr sparen, berichtet Verivox. „Das Sparpotenzial ist am größten, wenn sich die Kunden in einem Grundversorgungstarif befinden“, sagt Verivox-Sprecher Neubauer. Nach einer Berechnung von Verivox für unsere Zeitung kann zum Beispiel eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden im Stadtgebiet Augsburg rund 450 Euro sparen, wenn sie aus der Grundversorgung zu einem der fünf günstigsten Anbieter der Region mit guten Vertragsbedingungen wechselt. Selbst wer dem örtlichen Versorger treu bleiben will, kann mit einem Wechsel in einen anderen Tarif 130 Euro sparen. Auch wer nicht mehr in der Grundversorgung ist, kann oft von einem Anbieterwechsel profitieren.
Wie finde ich einen neuen Stromanbieter?
Ein Preisvergleich lässt sich schnell mit einem Strompreisrechner im Internet erstellen – zum Beispiel bei Portalen wie Check24 oder Verivox. Gibt man Postleitzahl und Jahresverbrauch an, liefern die Portale eine Reihe an Angeboten, sortiert danach, welche Tarife die günstigsten sind. Die Rechner sind hilfreich, denn die Zahl an Anbietern ist groß. In Augsburg zählt Verivox im Schnitt 162 Anbieter. Bundesweit gebe es über 20000 Tarife. Auch die Verbraucherzentralen geben in einer Energieberatung Tipps zum Energiesparen und Strompreiswechsel.
Was muss ich wissen, wenn ich Ausschau nach einem neuen Anbieter halte?
Wichtig ist es, den eigenen Stromverbrauch zu kennen. Energie-Experte Brandis rät, dafür zwei oder drei alte Jahresrechnungen anzuschauen. Wenn der Verbrauch nicht zu stark schwankt, könne man damit über ein Vergleichsportal schnell abschätzen, ob sich ein Wechsel lohnt.
Welche Kündigungsfrist ist zu beachten?
In der Grundversorgung ist die Kündigungsfrist kurz. Sie beträgt nur zwei Wochen, berichtet Brandis. Bei anderen Tarifen kann die Frist länger sein. Der Energiefachmann rät deshalb, sich rechtzeitig in den eigenen Unterlagen über Laufzeit und Kündigungsfrist des bestehenden Vertrages schlauzumachen.
Wie läuft der Wechsel ab?
„Prinzipiell ist der Wechsel relativ einfach“, sagt Brandis. Am einfachsten ist es, wenn ein Kunde aus der Grundversorgung in einen anderen Tarif wechseln will. Der Kunde müsse dann nur mit dem neuen Energielieferanten einen Vertrag abschließen. Die Kündigung beim alten Lieferanten übernimmt dann der neue Anbieter. Wer schon einmal den Stromanbieter gewechselt hat, dem rät Brandis, selbst zu kündigen. Denn dann gelten häufig andere Kündigungsfristen. Schließt man zum Beispiel mit einem neuen Stromanbieter einen Vertrag und kündigt dieser dem alten Anbieter erst zwei Wochen später, wird möglicherweise eine Frist überschritten und der alte Vertrag läuft zum Beispiel noch ein Jahr weiter.
Welche Risiken hat ein Wechsel? Kann ich am Ende ohne Strom dastehen?
Diese Angst ist unbegründet. Wenn ein Energielieferant wie zuletzt zum Beispiel Care Energy pleitegeht, könne es zwar sein, dass der Versorger ausfällt, sagt Brandis. Die Verbraucher kommen dann aber in die Grundversorgung. Strom werde also auf alle Fälle weitergeliefert. Das Risiko sei aber – wie bei Care Energy –, dass der Kunde doppelt bezahlt, weil zum Beispiel noch Abbuchungen weiterlaufen, erklärt Brandis.
Auf was soll ich bei meinem neuen Stromanbieter Wert legen?
Die Fachleute raten, nicht nur auf die Preise, sondern auch auf Laufzeiten, kurze Kündigungsfristen, Preisgarantien und Kundenbewertungen zu achten. Manchen Kunden kann es auch wichtig sein, ob ein Konzern Ökostrom anbietet.
Welche Vertragslaufzeit ist bei dem neuen Vertrag angemessen?
Diese sollte nicht zu lang sein, sagt Brandis. Maximal gesetzlich erlaubt seien zwei Jahre. „Wer in diesen zwei Jahren aber deutlich günstigere Angebote finden, kommt aus dem alten Vertrag schwer heraus“, sagt er. Empfehlenswert sei deshalb eine kürzere Laufzeit, zum Beispiel von einem Jahr.
Manche Stromtarife bieten eine „Preisgarantie“. Sind diese Preisgarantien sinnvoll?
Bei Verivox rät man, auf eine Preisgarantie für die Laufzeit des Vertrages zu achten. Diese gelte für alle Bestandteile am Strompreis, die ein Energiekonzern selbst beeinflussen kann, vor allem Erzeugung und Vertrieb, erklärt Neubauer. Die Preisgarantie gelte aber zum Beispiel nicht für Steuern. Würde also zum Beispiel die Mehrwertsteuer erhöht, könnte trotz Preisgarantie der Strompreis steigen. Ob die Garantien auch im Fall einer Erhöhung der staatlichen Ökostrom-Umlage greifen, ist derzeit umstritten.
Haben „Strompakete“ Sinn, die oft recht günstig angeboten werden?
Energie-Experte Brandis ist hier skeptisch. Er rät sogar, bei der Suche in Vergleichsportalen Filter zu nutzen und Angebote auszuschließen, die „Strompakete“ enthalten. Dabei bekommt der Kunde eine feste Strommenge zu einem festen Preis. Verbraucht er aber am Ende weniger, bezahlt er den Preis trotzdem. Verbraucht er mehr, wird ein Aufschlag fällig. „Weicht man vom Paket ab, ist das Angebot also meist nicht mehr günstig“, warnt Brandis. Strompakete bremsen seiner Ansicht nach auch das Energiesparen.
Was ist von Wechselprämien zu halten, die oft 150 Euro oder mehr betragen?
Den Wechselbonus muss man kritisch hinterfragen, sagt Brandis. „Häufig wird er in den Preisvergleich des Portals einbezogen. Damit stehe ein Anbieter mit einer hohen Bonuszahlung positiv da, obwohl die Prämie nur einmal gewährt wird.“ Zudem seien bei manchen Anbietern die Boni an einen Mindestverbrauch gebunden. Wird der nicht erreicht, entfällt der Bonus.
Für wen haben die meist günstigeren Online-Tarife Sinn?
Günstige Tarife, sagt Brandis, sind häufig Online-Tarife. Hier findet die Abwicklung des Vertrags per E-Mail oder Internet statt. Sie eignen sich für Leute, die im Umgang mit der digitalen Welt Erfahrung haben. „Wer mit der Benutzung des Computers weniger routiniert ist, dem würde ich zu einem klassischen Vertrag raten“, sagt Brandis.
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