Konzerte, Boleros, Carillons
Jean-Christophe Geiser spielt in Mariä Himmelfahrt
Landsberg Geschickt hat der Schweizer Organist Jean-Christophe Geiser das Programm der Samstagsmatinée vom 26. Landsberger Orgelsommer in der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt gestaltet. In zwei Blöcke hatte der Künstler die Matinee unterteilt. Im ersten gab es Transkriptionen zweier Konzerte von Antonio Vivaldi durch Johann Sebastian Bach und dann zwei reizvolle thematische Werke des 19. und 20. Jahrhunderts von Louis James Alfred Lefebure-Wely (1817-1869) und Louis Vierne (1870-1937) – wieder einmal eine Folge von Stücken, die einen wunderbaren Kontrast versprach.
Bach hatte in seiner Weimarer Zeit, in der er von 1708 bis 1717 Hoforganist und Konzertmeister des Herzogs von Sachsen-Weimar-Eisenach war, neben dem berühmten „Orgelbüchlein“ auch die meisten seiner „großen“ Werke dieser Gattung geschrieben. Insbesondere in den Jahren 1713 und 1714 Orgel- und Cembalo-Übertragungen von Instrumentalkonzerten anderer Komponisten wie Antonio Vivaldi, Giuseppe Torelli, und Benedetto Marcello. Darunter auch das am Samstag vorgetragene Konzert für Orgel in f-Moll, Werkeverzeichnis 593 und das Konzert in d-Moll, Werkeverzeichnis 596.
Beide Kompositionen geht Organist Geiser mit straffer Hand an. Er zeigt den Reichtum der Arbeit Vivaldis in der Umformung durch Bach. Wir hören, wie viele farbige Einzelpassagen und einzelne musikalische Motive das Bild dieser Konzerte prägen. Es sind dies Werke, in denen sich Bach von traditionellen Strukturen wie solcher der Fuge entfernt und Eigenständigkeit gewinnt.
Lefebure-Wélys „Bolero de concert“ aus opus 166 in g-Moll überrascht durch seine Rhythmik. Ungewöhnlich im Kirchenraum zu hören, vereinigt der ehemalige Titularorganist von Saint Sulpice und der Orgel von Saint Madeleine die verschiedensten Stile. Das Stück lebt aus der Synthese von romantischer Tradition, Salon- und Orchestermusik. Ganz reizvoll dabei der Walzertakt, den er eingebaut hat.
Schließlich dann Louis Viernes „Carillon de Westminster“. Ein ganz und gar gefälliges Stück, in dem die Tonartfolge der Glocken von Big Ben in London das Hauptmotiv ist. Ganz vorsichtig erscheint es und bleibt zunächst im Hintergrund, bis es sich als leitende Melodie emanzipiert hat. Ursprünglich hatte Vierne dieses Stück als Improvisation bei einem Konzert in Notre-Dame aufgeführt und danach erst niedergeschrieben und damit diese authentische Situation festgehalten.
Als sich die etwa 150 Zuhörer begeistert mit Applaus bedankten, zeigte und verbeugte sich Jean-Christophe Geiser höflich an der Empore von Mariä Himmelfahrt, um dann mit einer Handbewegung bescheiden auf die eigentliche Künstlerin, die Orgel der Stadtpfarrkirche, zu deuten. Aber sie braucht dazu einen Meister, der sie zum Klingen bringt. Wie zum Beispiel den Lausanner Organisten.
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