Der Absturz des Uli Hoeneß
Der Fall Hoeneß wird fortan auch auf der Bühne der großen Politik verhandelt, was dem Abwehrkampf des Bayern-Chefs nicht zum Vorteil gereichen wird.
Uli Hoeneß ist ein kämpferischer Mann. Einer wie er gibt nicht einfach klein bei, sondern bläst - erst recht unter gewaltigem Druck - zum Gegenangriff. Entsprechend offensiv geht der Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende des FC Bayern München in das schwerste Match, das er jemals zu absolvieren hatte. Kein Wort der Reue kommt über seine Lippen. Und natürlich, so lässt Hoeneß die Öffentlichkeit trotzig wissen, stehe auch ein Rücktritt von seinen Ämtern an der Spitze des bayerischen Renommierclubs nicht zur Debatte.
Das ist eine erstaunliche Festlegung für einen prominenten Mann, der Steuern in Millionenhöhe am Finanzamt vorbei geschleust hat. Vielleicht setzt Hoeneß ja darauf, dass seine grandiosen Leistungen am Ende in den Augen des Publikums mehr zählen als die peinliche Enthüllung, dass ein allseits respektierter und reicher Mann wie er den Hals nicht voll genug bekommen konnte. Vielleicht glaubt Hoeneß ja, irgendwie mit einem blauen Auge davonkommen zu können. Niemand weiß, wie das Ermittlungsverfahren gegen den zur Bayern-Ikone aufgestiegenen Wurstfabrikanten enden wird. Noch liegen die Details dieses Steuerbetrugs nicht auf dem Tisch. Weder besteht Klarheit über Umfang und Herkunft der in der Schweiz deponierten Millionen noch ist geklärt, ob die Selbstanzeige rechtzeitig und vollständig genug erstattet wurde, um straffrei ausgehen zu können. Aber es sieht nicht danach aus, als ob Hoeneß irgendwann wieder zur Tagesordnung übergehen und seinen guten Ruf wiederherstellen könnte.
Steuerhinterziehung ist eine schwere Straftat, die sich schon lange nicht mehr als Kavaliersdelikt abtun lässt. Spätestens seit dem Fall des Post-Chefs Zumwinkel ist die von vermögenden Menschen betriebene Steuerhinterziehung gesellschaftlich geächtet und der Staat dabei, den Fahndungsdruck zu erhöhen. Man sieht nicht, wie Hoeneß vor diesem Hintergrund sein Lebenswerk unbeschadet retten könnte. Seine Tage als Bayern-Präsident sind gezählt, sein Rücktritt ist nur eine Frage der Zeit. Die rechtliche Beurteilung seines Verhaltens obliegt den Gerichten. Aber der Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust, den Hoeneß erlitten hat, ist irreparabel. Wer anderen ständig die Leviten liest, mangelnden Gemeinsinn beklagt, sich zum ehrlichen Steuerbürger stilisiert und dann selbst beim Steuerbetrug ertappt wird, hat sein moralisches Kapital verspielt. Jedenfalls wird Hoeneß die exponierte Rolle, die er über den FC Bayern hinaus gespielt hat, nicht mehr glaubhaft wahrnehmen können. Dafür ist sein Absturz von den lichten Höhen eines verdienstvollen, sozial engagierten Moralpredigers zu tief ausgefallen.
Wäre Hoeneß Politiker, müsste er umgehend seinen Job quittieren. Dann bliebe ihm weder die Zeit, den Ausgang des Verfahrens abzuwarten noch die Gelegenheit, um Verständnis für seine Narretei zu werben. Und womöglich genießt Hoeneß in den Augen der meisten Bürger noch immer mehr Kredit als ein Gesetze missachtender Politiker. Doch um seine „zweite Chance“ wäre es besser bestellt, wenn er mit seiner Affäre nicht in den Wahlkampf geraten wäre. Für SPD und Grüne bietet der Fall Hoeneß nämlich eine wunderbare Gelegenheit, die angebliche Nachsicht von CDU, CSU und FDP gegenüber reichen Steuerhinterziehern (und Sympathisanten) an einem ungewöhnlich prominenten Beispiel zu demonstrieren. Man empört sich über Hoeneß und zielt auf Merkel und Seehofer. Der Fall Hoeneß wird fortan auch auf der Bühne der großen Politik verhandelt, was dem Abwehrkampf des Bayern-Chefs nicht zum Vorteil gereichen wird.
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