Ein unvollendetes Gesetz
So selbstlos, wie es scheint, handelt der Mann bei der Bank nicht.
Für jeden Fonds, den er verkauft, streicht sein Institut Gebühren ein, an jeder Versicherung verdient auch er mit. Da ist die Versuchung groß, dem unwissenden Kunden nicht die Police mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis oder den Fonds mit der besten Rendite anzubieten, sondern ihm das Produkt aufzuschwatzen, dessen Anbieter die höchste Provision bezahlt.
Solche Berater sind keine Berater, sondern Verkäufer – mit ganz eigenen Interessen. Das neue Honorarberatergesetz schiebt dem zwar keinen Riegel vor, schafft aber verlässliche Spielregeln für den Berufsstand der Honorarberater, die nicht von der Finanzwirtschaft und ihren Tantiemen abhängig sind, weil sie sich als Dienstleister im besten Sinne verstehen und ihre Kunden unabhängig beraten.
Leider ist aus einem gut gemeinten Gesetz kein gut gemachtes geworden. Verbraucherministerin Ilse Aigner hat dessen Geltungsbereich stark eingegrenzt, es gilt nur für Berater, die sich auf Wertpapiere, geschlossene Fonds oder den grauen Kapitalmarkt spezialisiert haben. Gut beraten aber wird ein Kunde nur, wenn sein Gegenüber alle Anlageformen vom Bausparvertrag bis zum riskanten Geschäft mit Derivaten in seinem Beratungsportfolio hat. Dazu aber müsste Ilse Aigner den Banken und Versicherungen auf den Schlips treten, die mit ihrem bisherigen Modell gut gefahren sind. Der nette Mann bei der Bank ist ihr wichtigster Verbündeter.
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