„Verstärkung wäre wünschenswert“
Großes Interview mit Cheftrainer Marco Kurz nach dem Trainingslager im österreichischen Leogang. Vor allem im Offensivbereich soll noch nachgebessert werden
Unmittelbar nach dem Testspiel gegen den rumänischen Erstligisten FC Vaslui (siehe eigener Bericht) hieß es für die Kicker und Verantwortlichen des Fußball-Zweitligisten FC Ingolstadt 04: Rein in den Mannschaftsbus und ab nach Hause! Eine Woche lang ackerten und rackerten die Schanzer im Trainingslager im österreichischen Leogang, wo Chefcoach Marco Kurz und sein Trainerteam die Profis zweimal täglich auf den Platz bitten. Neben Kraft- und Koordinationseinheiten standen vor allem zahlreiche Spielformen und Taktikschulung auf dem Programm. Unser Redakteur Dirk Sing sprach einen Tag vor der Abreise mit Marco Kurz.
Herr Kurz, wie fällt Ihr Fazit bezüglich des Trainingslagers aus?
Kurz: Nun, vom Umfang sowie den Inhalten her haben wir eigentlich genau das durchgezogen, was wir uns vorgenommen hatten – wobei man gerade die Inhalte häufig an die aktuelle Situation anpassen muss. Zudem standen drei Testspiele ausschließlich gegen Erstligisten aus anderen Ländern auf dem Programm, was uns wichtige Erkenntnisse gebracht hat. Hinzu kommt natürlich, dass ein Trainingslager aufgrund der Tatsache, dass man eine Woche lang zusammen ist, eine gewisse Teambuilding-Maßnahme darstellt. Was die Rahmenbedingungen betrifft, hatten wir ein tolles Hotel, in dem wir uns sehr wohl gefühlt haben. Dass die Bedingungen des Trainingsplatzes gerade zu Beginn nicht optimal waren, war letztlich auch dem Wetter geschuldet. Insgesamt würde ich daher von einer ordentlichen Woche sprechen.
Würden Sie sagen, dass Ihre Mannschaft dort ist, wo Sie sie in Ihren Planungen zum jetzigen Zeitpunkt haben wollten?
Kurz: Das ist schwer zu sagen, denn ein Team ist grundsätzlich nie dort, wo ein Trainer es haben möchte (lacht). Ich sehe auf alle Fälle Fortschritte in unserem Spiel sowie viele Elemente von unseren Trainingsinhalten. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch noch deutlichen Verbesserungsbedarf – sei es in der Trainingsarbeit, in der ich von den Spielern eine noch höhere Aufmerksamkeit verlange als auch in den Partien selbst. Gegen Lubin (1:0) haben wir beispielsweise sehr stark begonnen, um uns dann von der 20. bis zur 35. Minute mit einer Art des Wohlfühlens etwas zurückzulehnen. Das darf uns künftig nicht mehr passieren. Mir ist es daher enorm wichtig, dass sich die Jungs mit allem – egal ob Übungen im Training oder eben im Spiel – auseinandersetzen und verstehen, warum wir dieses und jenes machen. Letztlich gibt es in allen Bereichen noch sehr viel zu tun.
Seit Ihrem Amtsantritt am 11. Juni konnten Sie die Mannschaft nun knapp vier Wochen kennenlernen und intensiv beobachten. Hätten Sie Bedenken, mit dem momentanen Kader in die Zweitliga-Saison zu starten?
Kurz: Nein, auf keinen Fall – zumal es die Truppe ist, die augenblicklich zur Verfügung steht! Ich habe ja immer betont, dass ich mich ausschließlich auf die Spieler, die ich zum jetzigen Zeitpunkt habe, konzentriere. Natürlich halten wir für die eine oder andere Position noch die Augen für Verstärkungen offen – klar! Aber meine momentane Aufgabe besteht darin, sowohl jeden einzelnen Akteur als auch das Kollektiv stärker zu machen.
Dennoch konkret gefragt: Auf welchen Positionen sehen Sie noch Nachbesserungsbedarf? In der Innenverteidigung fehlt mit André Mijatovic (Mittelfußbruch/OP) beispielsweise ein erfahrener Akteur für mindestens zehn Wochen...
Kurz: Das ist richtig. Aber hier testen wir ja gerade Roger (etatmäßiger defensiver Mittelfeldspieler, Anm. d. Red.), der seine Sache bislang sehr ordentlich gemacht hat. Auch Alfredo Morales hat schon bei seinem letzten Verein Hertha BSC Berlin als Innenverteidiger gespielt. Aber trotzdem behalten wir natürlich auch den Abwehrbereich im Auge – gerade auf der rechten Seite fehlt uns noch eine Alternative zu Danny da Costa. Abgesehen davon würde uns auch eine Verstärkung im Offensivbereich gut zu Gesicht stehen, um hier noch variabler zu sein.
Denken Sie dabei eher ans Mittelfeld oder den Angriff?
Kurz: Ich möchte weder das eine noch das andere ausschließen. Wir besitzen auf diesen Positionen sicherlich schon eine gewisse Qualität. Aber wie bereits gesagt, um künftig noch flexibler zu sein, wäre Verstärkung in diesen Bereichen sicherlich wünschenswert. Das ergibt aber letztlich nur dann einen Sinn, wenn wir von dem Spieler beziehungsweise dessen Qualität restlos überzeugt und der Meinung sind, dass er uns auch weiterbringt.
Die zweite Liga beginnt – wie schon in den vergangenen beiden Jahren – rund drei Wochen vor der Bundesliga. Ist dadurch der Transfermarkt für die Zweitligisten etwas schwieriger geworden beziehungsweise muss man mehr Geduld als früher aufbringen?
Kurz: Naja, auch wenn Transfers bis Ende August möglich sind, so ist es schon unser Bestreben, das Ganze etwas früher unter Dach und Fach zu bringen. Natürlich könnte man auch noch länger warten. Nur wenn man von einer Sache überzeugt ist, dann macht man das auch. Das ist natürlich der bessere Weg.
Stichwort Trainerteam: Sie haben eine bereits bestehende Crew beim FC Ingolstadt 04 übernommen und bei Ihrer Vorstellung erklärt, sich das Ganze in Ruhe anzuschauen und dann zu entscheiden, ob es Veränderungen bedarf. Welchen Eindruck haben Sie von der bisherigen Zusammenarbeit gewonnen?
Kurz: Das Trainerteam passt – und hier beziehe ich die Athletik-, den Co- und Torwarttrainer, den Videoanalysten sowie die gesamte medizinische Abteilung mit ein! Wir befinden uns hier mit Sicherheit auf einem sehr guten Weg.
Mit Alexander Ende kam vor dem Trainingslager noch ein Individualtrainer hinzu. Was waren die Gründe hierfür?
Kurz: Nun, ich habe mich von Beginn an immer wieder mit unserem Sportdirektor Thomas Linke unterhalten, in welchen Bereichen wir uns noch verbessern können – und da sind wir unter anderem aufs Individualtraining gekommen. Wir haben uns dann nach einem jungen Mann umgesehen, der seine Chance sucht und hungrig ist. Die Konstellation mit Alexander Ende, der bereits in Pfullendorf mein Spieler war, passt perfekt. In diesen ganzen Prozess war auch mein Assistent Michael Henke mit eingebunden. Was auch noch dazu kommt: Wir trainieren oftmals in kleineren Gruppen. Und wenn du dann im Trainerbereich mehr Manpower besitzt, ist es schon ein großer Vorteil.
Ein Trainingslager ist ja oftmals der perfekte Ort und Zeitpunkt, um den Kapitän zu bestimmen oder wählen. War dies beim FC Ingolstadt 04 auch der Fall?
Kurz: (lacht) Nein, so weit sind wir noch nicht. Ich habe ja bereits gesagt, dass der Kapitän von mir bestimmt und der Mannschaftsrat vom Team gewählt wird. Wir werden das in der Woche vor dem Zweitliga-Auftakt gegen Aue (19. Juli) machen und dann auch bekannt geben.
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