Der Christopher Street Day ist politisch - trotz all der Feierei
Der Christopher Street Day feiert jedes Jahr den Beginn des Kampfes um Homosexuellenrechte 1969. Auch heute transportiert der Tag noch politische Anliegen. Die Geschichte.
Der Sommer 1969 war heiß und stickig in New York. Die Stadt, das ganze Land, fieberten. Seit Jahren kam es zu immer heftigeren Protestbewegungen der Nachkriegsgeneration- sei es gegen den Vietnamkrieg, Atomwaffen oder für freie Liebe. Offen, eindringlich und manchmal aggressiv wurde der Wunsch nach gesellschaftlicher Veränderung artikuliert- und wirklich, es bewegte sich was in den USA. Homosexuelle aber fristeten auch weiterhin ein Dasein im Halbdunklen. Ihre Rückzugsorte waren einige Bars und Häuser in den Küsten-Metropolen.
Geschichte: Christopher Street in New York ist der Ursprung der LBGT-Bewegung
Eine dieser Bars war das "Stonewall Inn" in der Christopher Street, New York. Die Gäste der Bar mussten stets mit Razzien, Gefängnis und ihrer öffentlichen Ächtung rechnen, wie Bestsellerautor und LGBT-Aktivist Perry Brass gegenüber der Bundeszentrale für politische Bildung angibt. So auch am 28. Juni dieses hochpolitischen Sommers. Doch anstatt sich zu fügen, widersetzten sich die Homosexuellen den Polizeikräften. Es kam zu tagelangen Straßenschlachten zwischen Dragqueens, Transsexuellen, Schwulen und Lesben auf der einen Seite und der Polizei auf der anderen. Sprechchöre hallten durch die Straßen New Yorks und skandierten "Gay Power! Gay Power!" Schließlich mussten Spezialeinheiten eingesetzt werden, um die "Revoluzzer" unter Kontrolle zu bringen, erinnert sich Zeitzeuge Brass.
Direkt im Anschluss an die Unruhen wurden die ersten politischen Gruppierungen, beispielsweise die "Gay Liberation Front", gegründet. Sie forderten öffentlich mehr Toleranz und Rechte für Homosexuelle. Weiterhin stattfindenden Polizei-Razzien wurde von nun an Widerstand entgegengesetzt. Am ersten Jahrestag des Stonewall-Aufstands trafen sich im New Yorker West Village 4000 Homosexuelle und erinnerten mit einer großen Demonstration an das Jahr zuvor. Im Laufe der Jahre nahmen viele Homo- und Transsexuelle in den USA und Europa diese Idee auf und feierten ihre eigenen Demonstrationen zur Unterstützung der Schwulenbewegung. Aus den Demonstrationen wurden schließlich große und fröhliche Paraden.
Großer Wandel vom ersten deutschen Christopher Street Day 1979 bis heute
In Deutschland dauerte es noch bis 1979, ehe Homo- und Transsexuelle mit einer öffentlichen Demonstration auf ihre Situation aufmerksam machten. Sie litten besonders unter dem Paragraphen 175 des Strafgesetzbuches, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter strenge Strafe stellte. In Berlin und Bremen fanden die ersten Demonstrationen statt. Am Berliner Savignyplatz trafen sich etwa 450 Schwule und Lesben, anschließend spazierten sie geschlossen über den Kurfürstendamm.
Die Stimmung während dieses ersten deutschen Christopher Street Days war heiter, wie sich der damalige Mitorganisator Bernd Gaiser im Gespräch mit der Bundeszentrale für politische Bildung erinnert. Die Teilnehmerzahl möge gering gewesen sein, doch das Selbstbewusstsein homosexueller Menschen in Deutschland sei gestärkt und und auf ihre Situation aufmerksam gemacht worden.
Damals hat sich wohl niemand vorstellen können, dass der Christopher Street Day eines Tages in ganz Deutschland gefeiert werden könnte. Sei es Schwerin, Berlin, Altötting oder Köln. Allein in der deutschen Hauptstadt sind regelmäßig mehr als 500.000 Teilnehmer dabei und feiern ein bunt-fröhliches Fest, zu dem alle Menschen willkommen sind.
Heute gilt der Widerstand der "Stonewall Inn"- Besucher weltweit als Beginn der Lesben- Schwulen- Bi- und Transsexuellen- Bewegung. Rund um den Globus wird diesem Tag mit Paraden gedacht, in den deutschsprachigen Ländern bekannt als "Christopher Street Day", im Rest der Welt meist unter dem Namen "Gay Pride" oder "Pride Parades". Noch immer kämpfen ihre Teilnehmer für die Rechte unterdrückter Minderheiten.
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