Herbert Grönemeyer: Der Nationalsänger tourt wieder
Herbert Grönemeyer ist so etwas wie das Ventil der deutschen Seele. Nun tourt er wieder – durch Nordamerika.
Man stelle sich vor, ein Immobilienunternehmer aus Württemberg kauft einen Wohnblock in der New Yorker Bronx und führt dort die Kehrwoche ein. So ähnlich mag es manchem Herbert-Grönemeyer-Fan gehen beim Gedanken daran, sein Idol würde deutsches Kulturgut wie „Bochum“ oder „Männer“ ins Englische übertragen. Mit Textzeilen wie „When is a man a man?“ Und damit dann ein Konzert bestreiten und auch noch eine ganze Tour.
Grönemeyer experimentierte schon in den 80ern mit englischen Übersetzungen
Nun hat Grönemeyer, was viele nicht wissen (oder verdrängt haben), schon in den späten 80er Jahren mit solchen Übersetzungen experimentiert. Das geradlinig-deutsche „Vollmond“ hieß auf einmal „Full Moon“, die Nummer „Was soll das“ wurde zu „What’s all this“. Und in der angelsächsischen Version von „Männer“ steht tatsächlich: „When is a man a man?“ Zwar hat man gerade bei den schnelleren Nummern seine liebe Mühe, den Text zu verstehen. Aber das ist bei manchem deutschen Stück auch nicht anders, gehört auf eine gewisse Art sogar zum Grönemeyer-Stil.
Wie viel Selbstironie wohl in solch einem gesanglichen Ausflug steckt?
Grönemeyer ist das zuzutrauen. Er hat schon ganze Alben auf Englisch veröffentlicht – die meisten sind mehr oder weniger gefloppt. Er kam mit „What’s all this“ in die kanadischen Single-Charts und spielte im Februar zwei Konzerte in New York und Chicago – mit mäßigem Erfolg. Und: Das erste Stück, das er nach dem Tod von Bruder Wilhelm und Ehefrau Anna 1998 schrieb, war auf Englisch: „Will I ever learn“. Auf Deutsch ist es nie erschienen.
Grönemeyer: Mann mit der meistverkauften Platte der deutschen Musikgeschichte
Herbert Grönemeyer, 57, der Mann mit der meistverkauften Platte der deutschen Musikgeschichte („Mensch“, 3,7 Millionen Exemplare) und so etwas wie das Ventil der deutschen Seele, lebt seit zwölf Jahren in London. Vielleicht rührt daher sein Ehrgeiz, auf dem englischsprachigen Markt Fuß zu fassen.
Stehvermögen hat er: Mit seinem 2012 veröffentlichten Album „I walk“ (der Titelsong ist das neu aufgenommene „Ich versteh“) geht er nun erstmals auf Nordamerika-Tournee. Bis Ende des Monats sind zwölf Konzerte anberaumt, unter anderem in Washington, New York, Toronto und Los Angeles. Keine Stadion-Stimmung wie in Deutschland, eher Club-Atmosphäre. Der Auftakt ist heute in Atlanta.
Neues Album soll Ende 2014 auf Deutsch erscheinen
Was er sich davon verspricht? „Die Erfüllung eines Traums“, hat er gerade einer amerikanischen Zeitung verraten. In der Heimat wird die Konzertreihe mit keiner Silbe erwähnt. Sein Management reagiert auf Anfragen nicht. Nach der Tour will er angeblich am neuen Album arbeiten. Es soll Ende 2014 erscheinen. Auf Deutsch.
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