Kompetenzgerangel rückt Ermittler im Fall Maddie ins Zwielicht
Sieben Jahre lang ist Maddie McCann verschwunden. Verschwörungstheorien und ein skurriler Kompetenzstreit bei der Polizei begleiten die Suche.
Kate McCann fliegt jedes Jahr nach Portugal. An der Algarve will sie ihrer Tochter, der verschwundenen Madeleine, ein bisschen näher sein, wie sie sagt. "Das hilft mir", meint die blonde Ärztin aus dem englischen Leicestershire im BBC-Interview und fügt hinzu: "Meistens." Sieben Jahre suchen Kate McCann und ihr Ehemann Gerry inzwischen nach "Maddie" - mit erheblicher Beteiligung der Öffentlichkeit. Das gut vernetzte Ärztepaar spannte Politik und Gesellschaft ein - Prominente und Unternehmer spendeten Millionen für die Suche, die Regierung stellte ihnen einen Pressesprecher zur Seite.
Das riesige Medieninteresse bringt auch die Polizeiarbeit ins Zwielicht. Hinter den Kulissen tobt ein erbitterter Streit zwischen den Ermittlern in Portugal und dem britischen Scotland Yard. Die Briten und auch die Eltern der kleinen Maddie werfen den portugiesischen Behörden insgeheim vor, im Jahr 2007 unmittelbar nach dem Verschwinden des Kindes, nicht ordentlich gearbeitet zu haben. Sieben Jahre danach soll jetzt noch einmal nach dem Kind gegraben werden - eine echte Spur scheint es dennoch nicht zu geben.
Die Portugiesen wehren sich gegen solche Vorwürfe und beharren auf ihr Recht, Herr im eigenen Lande zu bleiben. Der von Eltern, britischer Politik und Scotland Yard vorgetragene Wunsch, dass britische Ermittler auf eigene Faust in Portugal ermitteln können, wurde von der portugiesischen Polizei bisher brüsk zurückgewiesen.
Bis jetzt durften die Briten gerade mal als "Beobachter" an der Algarve tätig sein. Ob die britische Rolle jemals aufgewertet werden wird, entscheidet sich laut Scotland Yard bald. Er sei zuversichtlich, dass es bald "Aktivität" gebe werde, schrieb Scotland-Yard-Ermittler Mark Rowley in einem offenen Brief an die Medien - und bat die Chefredakteure gleichzeitig, ihre Reporter im Zaum zu halten.
Am Donnerstag flog ein sechsköpfiges Team von Scotland Yard nach Faro an der Algarve - dabei sollen nach britischen Medienberichten auch zwei Spezialisten für die Leichensuche sein. Bei den anstehenden Grabungsarbeiten, so sieht es aus, dürfen die Briten dennoch wieder nur zuschauen. "Ich weiß nicht, warum nicht schon längst ein gemeinsames Ermittlungsteam aufgebaut wurde", sagt Kate McCann. "Unsere Befürchtung ist, dass parallele Untersuchungen stattfinden - das macht keinen Sinn", ergänzt ihr Mann Gerry.
Die von Scotland Yard erbetene Zurückhaltung der Medien ist nicht eingetreten. Fast täglich drucken die Boulevardzeitungen irgendwelche Spekulationen, wer für das Verschwinden von Maddie verantwortlich sein könnte. Jüngster Verdächtiger ist ein mehrfach verurteilter Triebtäter aus Großbritannien, nach dem jetzt gefahndet werden soll. Zuvor war eine These gestreut worden, wonach ein Mann Einbrüche in Ferienanlagen vorgetäuscht und dabei vor allem britische Kinder missbraucht haben soll.
Diese Spur hatte zumindest die Qualität, dass die portugiesische Polizei die 2008 geschlossenen Ermittlungsakten wieder aufschlug. Zuvor war man in Portugal eher davon ausgegangen, dass die McCanns - womöglich bei einem Unfall - ihr Kind selbst umbrachten und die Leiche verschwinden ließen. Diese Theorie hatte der portugiesische Chefermittler Gonçalo Amaral aufgebracht. Er wurde entlassen und veröffentlichte danach ein Buch über den Fall.
Er stützte seine Annahme auf von Spürhunden wahrgenommenen Leichengeruch im Appartement der McCanns und auf Blutspuren im Leihwagen der Mutter. Im Internet halten sich hartnäckig Spekulationen, die auch diese These verteidigen. Die McCanns weisen das entschieden zurück und haben noch immer Hoffnung. "Das beste Szenario wäre, wenn sie bei jemanden wäre, der einfach Kinder haben will und für sie sorgt", sagt Gerry McCann. "Aber es gibt auch andere Szenarien." dpa
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