Dreharbeiten in Rom: Wo ist eigentlich Woody Allen?
Der große Filmemacher dreht gerade in Rom. Nur zu finden ist er nicht. Eine Suche...
Wieder war alles Vergeblichkeit in der Abendsonne. Kein Woody, wieder nicht. Und das kam so.
Es ist gerade sehr heiß in Rom. Heiß, so heiß, zu heiß. Selbst in der Früh schon beim Caffè freddo auf der Piazza. Die Katzen haben gerade erst ihr schwarzes Freiluftbett, die Sitzkissen der Motorinos, verlassen, doch der Messaggero klebt schon an den feuchten Fingern. Und die römischen Kollegen, ach ja, die haben auch keine anständigen Geschichten im Blatt. Kein Etwas, kein Nichts, nullissima. Gut, die Börsen, das Sparen, vielleicht. Aber dass es abwärtsgeht, allüberall, das ist ja schon lange nichts Neues mehr. Und heiß ist es in Rom. Heiß, so heiß, viel zu heiß.
Na ja, ein bisschen was, so also der eine die Hitze gerade überstehende Gedanke, passiert vielleicht doch. Ein kleiner, alter Mann, Amerikaner, mit lustigem Hut, Hornbrille und Neigung zur Neurose ist schließlich in der Stadt. Taucht immer mal auf, ist schnell wieder weg. Hinterlässt schaulustige Gesichter, in denen steht im Schweiße: „Und wo ist er jetzt hin?“
Wo ist Woody Allen? Während in Deutschland gerade sein neuer Film angelaufen ist, der in Paris spielt, dreht Mister Allen bereits seinen nächsten in „Bella Roma“. „The Bop Decameron“ wird er heißen. Mit dabei sind Schauspieler wie Penélope Cruz, Alec Baldwin, Jesse Eisenberg und Roberto Benigni. Irgendwo in Rom drehen sie alle gerade Tag für Tag. Aber sie zu erwischen, ist eher Glückssache.
Um Wirrspiele der Liebe soll es gehen, in der Hitze
Trotzdem müsste man sich – schon der Stars und der doppelten Ebene wegen, einem Paparazzo im Film ähnlich – daranmachen, Woody Allen und die anderen alle auf dem Set zu sehen und zu beobachten, wie er einen Film mit original Paparazzi (so geschehen, mit feuchten Fingern blätternd morgens davon im Messaggero gelesen) über Paparazzi dreht. Denn darin geht es in seiner Fellini-Hommage auch. Eine Woody-am-Set-Geschichte. Auf dergleichen kommt sonst garantiert niemand. Denn es ist wirklich viel, viel zu heiß in Rom. Das Problem: Woody will keine Presse am Set.
Trotzdem recherchiert, ein bisschen zumindest, nur nicht überhitzen. Dann den Tipp bekommen. Woody dreht am Trevi-Brunnen. Darüber dann doch fast euphorisch geworden. Denn: Mehr geht wirklich nicht. Woody Allen beim Zitieren einer der bekanntesten Filmszenen aller Zeiten. Das Leben kann so süß sein. Damals: Marcello Mastroianni und Anita Ekberg im Brunnen. Was Allen heute wohl mit wem daraus macht? Um neun also, so der Tipp. Neune da gewesen. Gewartet bei Cappuccino, sehr unauffällig im Café hinter dem Messaggero versteckt. Nach einer halben Stunde dann der Anruf. Woody war um sechs schon da. Er wäre aber am Vormittag, also jetzt, ganz gewiss in Monti. Um es kurz zu machen, aus Monti wurde auch nichts. Dafür aber später vielleicht, wenn das Abendlicht so richtig schön weichzeichnet, dann am Kolosseum. Neuen Mut gefasst, der Tippgeberin geglaubt, trotz der großen Hitze.
Vieles darf ja keinesfalls bekannt werden über den Episodenfilm. Der bis zum Abend ausfindig gemachte Komparse, ein Freund eines Freundes einer Freundin, sagt auch kaum etwas. Er darf nicht. Aber es darf als nicht allzu unwahrscheinlich gelten, dass es auch in diesem Allen um die Wirrspiele der Liebe gehen könnte. Und, das ist überliefert, Inspiration habe Allen bei Boccaccio und seiner Novellensammlung Decamerone gefunden.
Italiener sind wegen Woody Allen verrückt geworden
Überliefert ist übrigens auch, dass wegen Woody noch ein paar Italiener verrückt geworden sind. Was allerdings erst mal keine Nachricht ist, denn viele Italiener sind verrückt. Das kann man ihnen auch kaum vorwerfen, denn erstens ist es in Italien nun mal, wie es ist und zweitens ist es ja auch wirklich sehr heiß in Rom.
Nur warum es gerade Roberto Benigni treffen muss? Der nun war auf seine sehr komische Art eigentlich bislang einer der am wenigsten Verrückten in diesem Land. Aber jetzt geht auch er auf die Straße und lässt die Hosen herunter. Bei laufender Kamera. Und der kleine Amerikaner mit Hut schaut zu. So was würde man ja gerne sehen. Und hier lesen.
Vielleicht ja am Abend, vor dem immer noch ziemlich warm umstrahlten Kolosseum, vielleicht entblättert sich dort Penélope Cruz? Das Team kommt, ein weißer Wagen, noch einer. Kameraleute mit Filtern. Eine Frau mit blondester Ponyfrisur, die nur die Setmanagerin sein kann. Ob Woody, und wann, und vielleicht, alle Nachfragen werden, nichtssagend, freundlich und bestimmt gekontert. Über eine Stunde gewartet, danebengestanden, als Standbilder gemacht wurden. Vom Kolosseum. Ohne alle und ohne Woody. Sich dann der Vergeblichkeit hingegeben. Und der Hitze.
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