Bernd Lucke rechnet ab: "Putin-Freunde sollen bei der AfD bleiben"
AfD-Gründer Bernd Lucke rechnet nach seinem Austritt mit der „Alternative für Deutschland“ und deren Anhängern hart ab. Er erklärt, was er mit seiner neuen Partei "Alfa" vorhat.
Nach Ihrem Scheitern in der AfD haben Sie jetzt die neue Partei „Alfa“ gegründet. Warum braucht Deutschland eine neue „Lucke-Partei“?
Bernd Lucke: Keine „Lucke-Partei“, aber Deutschland braucht sicherlich eine eurokritische Partei. Das zeigt ja das Griechenlanddrama und die Tatsache, dass wir jetzt schon wieder 86 Milliarden Euro nach Griechenland verschieben, obwohl das geplagte Land gar keine Chance hat, auf die Beine zu kommen.
Steht Ihre Partei nur für Eurokritik?
Lucke: Wir verschaffen den Themen wieder Geltung, derentwegen die Bürger 2013 Hoffnungen in die AfD gesetzt hatten. Aber die AfD ist davon völlig abgekommen, seitdem sie zu einer „Pegida-Partei“ degeneriert ist. Alfa vertritt neben dem Euro unsere ursprünglichen Themen wie Energiepolitik, Bildungspolitik, Förderung von Familien mit Kindern, eine geordnete Zuwanderung und die Sicherheit der Altersvorsorge. Aber wir haben auch einige neue Themen, und hier ist insbesondere unsere positive Grundeinstellung zum wissenschaftlich-technischen Fortschritt wichtig.
Sie wollen also auch mit dem Thema Zuwanderung auf Stimmenfang gehen?
Lucke: Zuwanderung ist ein bedeutendes Thema. Wir bejahen die Zuwanderung grundsätzlich, denn Deutschland braucht Zuwanderung. Aber es muss eben eine qualifizierte und gut integrationsfähige Zuwanderung sein. Das wird zurzeit viel zu wenig kontrolliert und gesteuert.
Wenn Sie sagen, dass die AfD zu einer „Pegida-Partei“ wurde: Wie wollen Sie diesmal eine Unterwanderung von Rechtspopulisten verhindern?
Lucke: Wir haben in die Satzung geschrieben, wo wir politisch stehen. Dass wir Ausländer- und Islamfeindlichkeit ablehnen. Dass wir uns fest im westlichen Bündnis verankert sehen, sodass die Putin-Freunde bitte schön bei der AfD bleiben mögen. All die Leute, die nationalistisch, islamfeindlich oder bizarr verschwörungstheoretisch eingestellt sind, wissen, dass sie ihre Gleichgesinnten bei der AfD finden. Die AfD schirmt uns gewissermaßen nach rechts ab. Außerdem nehmen wir Mitglieder nur nach einer einjährigen Gastmitgliedschaft auf, wenn wir ihr politisches Denken kennen.
Ihre Neugründung hat mit Ihnen schon drei Europaabgeordnete, die verbleibenden zwei AfD-Abgeordneten sitzen aber weiter mit Ihnen in der Fraktion. Wie passt das zusammen?
Lucke: Da gibt es jetzt eine klare Kluft zwischen uns und den verbleibenden AfD-Abgeordneten. Auch politisch passt das nicht mehr. Jemand wie Marcus Pretzell will plötzlich das ganze Geldsystem infrage stellen. Beatrix von Stroch agiert offen EU-feindlich. Die beiden werden bei uns in der Fraktion damit vermutlich Probleme bekommen. Alfa hingegen steht eindeutig zur Mitgliedschaft in der EU, wir wollen sie aber reformieren, verschlanken und dezentralisieren.
Was sagen Sie zur Kritik aus der AfD, die Mandate gehörten Ihnen nicht, und Sie sollten sie an die AfD zurückgeben?
Lucke: Glauben Sie, die Wähler haben AfD gewählt, weil Lucke und Hans-Olaf Henkel ganz oben auf der Liste standen, oder wegen der No-name-Nachrücker, die unsere Mandate einnehmen würden? Wir stehen unverändert auf der Basis der Programme, für die wir gewählt wurden. Wenn wir unsere Mandate aufgeben würden, würden AfD-Mitglieder nachrücken, die inzwischen für Dinge stehen, von denen der Wähler gar nichts geahnt hat.
Sie distanzieren sich jetzt von der Entwicklung der AfD. Wie glaubhaft ist das? Als AfD-Chef waren Sie an der Entwicklung nicht unbeteiligt...
Lucke: Ich habe mich in den letzten Monaten mit Kräften gegen die Fehlentwicklung der AfD gestemmt. Diesen Kampf habe ich verloren und daraus die Konsequenzen gezogen. Ich gestehe in diesem Punkt das Scheitern ein, aber die politische Glaubwürdigkeit habe ich gewahrt, indem ich ausgetreten bin.
Haben nicht auch Sie etwa bei den Wahlkämpfen im Osten mit rechtspopulistischen Themen kokettiert?
Lucke: Nein, keineswegs. Das wird von der Presse immer wieder behauptet, aber das ist falsch. Themen wie Islamfeindlichkeit sind in der AfD erst mit den Pegida-Demonstrationen aufgekommen, die ja erst zwei Monate nach den letzten Landtagswahlen begannen. In den Landtagswahlkämpfen sind die klassischen AfD-Themen bedient worden, mit einem Schwerpunkt auf innere Sicherheit und Bekämpfung von Kriminalität.
Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer alten Partei AfD?
Frauke Petry hat immer opportunistisch agiert und sich den herrschenden Stimmungen angepasst. Das wurde sehr deutlich, als sie in Essen plötzlich den Islam als insgesamt staatsfeindlich geschmäht hat. Sie kann den Laden vermutlich zusammenhalten, wenn sie so weitermacht und die Themen übernimmt. Das würde aber bedeuten, dass die AfD vollständig in das nationalistische und rechtspopulistische Lager abrutscht – ein Typ „Front National auf Deutsch“ wird. Und so eine Partei brauchen wir ganz bestimmt nicht.
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