Der Soldat Robert Bales
Die USA rätseln über das Motiv des Amokläufers, der 16 Menschen umbrachte
Washington Das Foto des mutmaßlichen Amokläufers Robert Bales, das durch die Medien geht, zeigt einen sympathischen Mann. Unbeschwertes Lächeln, von Tod und Leid des Krieges keine Spur. Das Bild könnte aus einem Werbespot der US Army stammen. Doch der Mann mit dem Siegerlächeln sitzt derzeit in einer schwer bewachten Arrestzelle auf einem Armeestützpunkt im US-Bundesstaat Kansas und wartet auf seinen Militärprozess.
Die Tat, die der Unteroffizier begangen haben soll, repräsentiert die dunkelste Seite eines mittlerweile über zehn Jahre langen Krieges. Amerika ist schockiert. Hilflos fragt sich das Land, was den 38-jährigen Ehemann und Vater zweier Kinder zu seiner Gräueltat angetrieben haben könnte. Neun Kinder und sieben Erwachsene in einem nächtlichen Amoklauf abgeschlachtet – irgendwie muss das doch zu erklären sein. Stück für Stück setzten amerikanische Medien derzeit Leben und Militärkarriere des Mannes zusammen. Zunächst handelt es sich allem Anschein nach um eine Bilderbuchkarriere: Nach den Terroranschlägen im September 2001 trat er in die Armee ein, wurde zum Scharfschützen ausgebildet. Ein verlässlicher Soldat sei er gewesen, dreimal im Irak im Einsatz, dann in Afghanistan. Ein Kamerad erzählt, er habe ihm das Leben gerettet. Erklärung für das Blutbad – Fehlanzeige.
Dann gibt es erste Spekulationen: Angeblich sei Alkohol im Spiel gewesen, Stress, auch in der Ehe habe es Ärger gegeben. Offiziell schweigen Militärs und Pentagon, doch hinter vorgehaltener Hand werden Informationen gestreut. „Am Ende wird es eine Kombination aus Stress, Alkohol und häuslichen Problemen sein – er ist einfach ausgerastet“, zitiert die New York Times eine anonyme Quelle aus der Regierung. Der Anwalt des Beschuldigten bestreitet das: Die Ehe sei okay gewesen, von Alkohol wisse er nichts. Auch rassistische Gründe schließt der Anwalt aus. Überhaupt sei sein Mandant kein aggressiver Typ, eher ein ruhiger und milder Charakter. Allerdings habe er erst vor kurzem mit ansehen müssen, wie einem Kameraden von einer Mine ein Bein weggerissen worden sei. Und auch sonst habe er unter Druck gestanden: Nach drei Kriegseinsätzen im Irak habe die Armee seinen Mandanten im Glauben gelassen, dass es jetzt genug sei. „Ihm und seiner Familie ist gesagt worden, dass es mit den Nahost-Einsätzen zu Ende ist.“ Der Unteroffizier sei nicht gerade gerne nach Afghanistan gegangen.
Ein weiterer Hinweis, dass der Beschuldigte unter posttraumatischen Störungen der Kriegseinsätze gelitten haben könnte: 2010 habe er im Irak einen Autounfall erlitten und Gehirnverletzungen davongetragen. Nicht ausgeschlossen, mutmaßt der Anwalt, dass diese zu Persönlichkeitsstörungen und mangelnder Kontrolle geführt hätten.
Das strahlende Bild des lächelnden Soldaten verdüstert sich. Seine Frau und die beiden Kinder sind zum Heimatstützpunkt des Soldaten gebracht worden – aus Sicherheitsgründen, wie es heißt. Der Beschuldigte muss mit dem Schlimmsten rechnen. Verteidigungsminister Leon Panetta hat bereits signalisiert, dass die Militärankläger die Todesstrafe fordern könnten. (dpa)
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