Giorgio Napolitano: Der alte „König“ ist müde
Präsident Giorgio Napolitano wird bald 90. Wahrscheinlich ist er dann gar nicht mehr im Amt, denn er hat vor, zurückzutreten. Das hat auch mit Silvio Berlusconi zu tun.
Giorgio Napolitano hat einen Beinamen. Re Giorgio (König Giorgio) nennen die Italiener ihren Staatspräsidenten. Das hat mit dessen fortgeschrittenem Alter zu tun – der in Neapel geborene Politiker wird im Juni 90 Jahre alt. Napolitano ist aber auch schon eine gefühlte Ewigkeit im Amt. Als bislang einziger Staatspräsident nahm der frühere Kommunist und Innenminister im vergangenen April eine zweite Amtszeit an. Wegen dieser politischen und biologischen Langlebigkeit hat Napolitano auch etwas Monarchisches an sich.
Giorgio Napolitano als stabiler Garant
Häufig beanspruchen Staatspräsidenten in erster Linie moralische Autorität. Napolitano versteht sein Amt hingegen vor allem politisch und gilt bei aller Instabilität und Undurchschaubarkeit der italienischen Politik in den vergangenen Jahren als einziger fester Anker in Rom. Für Berlin, Wien oder Brüssel ist er ein enorm wichtiger Garant. In der Finanzkrise 2011 war es Napolitano, der den überforderten Silvio Berlusconi zum Rücktritt drängte. Oft wurde er dafür kritisiert, seine Amtsbefugnisse überdehnt zu haben. Gewiss ist er die personifizierte Stabilität im italienischen Wirrwarr.
Die jüngsten Spekulationen über einen Rücktritt zum Jahresende gelten als realistisch. Nicht einmal das Präsidialamt wollte sie in einer offiziellen Note dementieren. Dort hieß es schlicht, die zeitlichen Umstände des zweiten Mandats als Staatspräsident seien seit langem bekannt.
Napolitano will zweite Amtszeit nicht bis zum Ende ausfüllen
In Rom war es im Frühjahr drunter und drüber gegangen. Nach der Wahl Matteo Renzis zum Ministerpräsidenten konnten sich die Parteien nicht auf einen neuen Staatspräsidenten einigen. Mehrere Kandidaten fielen durch. Napolitano ließ sich zu einer zweiten Amtszeit drängen, eine nur durch die damalige gefährliche politische Blockade gerechtfertigte Praxis. Bei seiner Antrittsrede machte der Staatspräsident rasche Verfassungsreformen zur Bedingung und wies bereits auf seine schwindenden Kräfte hin. Der 89-Jährige stellte klar, dass er die zweite Amtszeit nicht bis ans Ende ausfüllen werde. Jetzt ist er müde.
Im Januar will er zurücktreten
Wenn Napolitano, wie es heißt, im Januar nach dem Ende der italienischen EU-Präsidentschaft zurücktritt, hat dieser Schritt auch weitreichende Bedeutung für das politische Gleichgewicht in Rom. Die Reformen lassen immer noch auf sich warten. Premier Renzi und seine Exekutive haben zwar erste Schritte gemacht, etwa mit der Umwandlung des Senats in eine zweitrangige Kammer. Mit dem Amtsverzicht erhöht Napolitano nun den Druck. Bis Jahresende, so Renzi jetzt, soll das Parlament über die umstrittene Arbeitsmarktreform sowie ein für beide Kammern gültiges Wahlgesetz abstimmen.
Ob dies gelingt, hängt von Silvio Berlusconi ab. Mit ihm hat Renzi einen inzwischen bröselnden Pakt für Verfassungsreformen geschlossen. Berlusconi befürchtet, Renzi werde Neuwahlen provozieren, sobald das Wahlgesetz beschlossen ist, und verweigert deshalb seine Zustimmung – typisch römische Machtspielchen. Sie sind wohl der Hauptgrund, warum Giorgio Napolitano endgültig die Nase voll hat.
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